Gilles de Kerchove

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Brüssel - Die mehr als ein halbes Jahr dauernde Suche nach einem Nachfolger für den zurückgetretenen Terrorkoordinator der EU, Gijs de Vries, ist zu Ende. Der Hohe Beauftragte des Rates für die Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, stellte am Mittwoch den Belgier Gilles de Kerchove als Nachfolger vor.

De Vries war immer wieder mit den EU-Innenministern in Konflikt geraten, weil er mehr Kompetenzen für sein Amt forderte. Sicherheitsfragen sind in der EU bisher ausschließlich Ländersache. Erst der Reformvertrag gibt hier Kommission und Parlament mehr Rechte.

"Weniger aufmüpfig"

De Vries war stellvertretender niederländischer Innenminister, sein Nachfolger blickt hingegen auf eine Beamtenlaufbahn zurück. "Ein versierter Beamter, der weniger aufmüpfig ist," hieß es in deutschen Diplomatenkreisen zur Wahl.

Als Direktor im EU-Ratssekretariat war de Kerchove bisher leitend für die Polizei- und Justizzusammenarbeit der EU-Staaten zuständig und ein enger Mitarbeiter von de Vries. An der Erstellung der EU-Grundrechtecharta war der Belgier als Sekretär des Konvents beteiligt, der das Dokument ausarbeitete.

Als neuer EU-Antiterror-Beauftragter soll der 50-Jährige "die Arbeit des EU-Rates im Bereich Terrorismusabwehr koordinieren, einen Überblick über alle der Union zur Verfügung stehenden Instrumente wahren und sicherstellen, dass die Union eine aktive Rolle im Kampf gegen den Terrorismus spielt", erklärte Solana in einer Pressemitteilung. Der EU-Chefdiplomat zeigte sich überzeugt, dass de Kerchove einen Mehrwert bringen könne.

Mehrere EU-Staaten hatten sich im Vorfeld der Bestellung gegen eine deutliche Aufwertung des nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geschaffenen Postens gewehrt. Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble sprach von einer "bescheidenen Personalentscheidung" in einem ersten Schritt.

Für die Zukunft sei aber nicht auszuschließen, dass der Terrorbeauftragte in seiner Funktion gestärkt werde. Österreichs Innenminister Günther Platter hatte betont, dass er sich ausreichende Kompetenzen für den EU- Antiterror-Koordinator wünsche. Dieser müsste auch grenzüberschreitend "eingreifen" können.

Die Möglichkeiten von de Kerchove sind allerdings begrenzt. Österreich wird, so wie auch die meisten anderen EU-Staaten, keine sicherheitsrelevanten Kompetenzen an den Koordinator abgeben. Damit bleibt vor allem die technische Koordination von Informationen und Strategien der EU-Staaten auf der zweiten Ebene für den Belgier als neue Aufgabe. Dass der weit gehend unbekannte leitende Beamte das Amt des Antiterrorchefs auch ohne erweiterte Kompetenzen aufwerten kann, wird in Brüssel von den meisten eher bezweifelt. (mimo, APA, DER STANDARD, Print, 20.9.2007)