Josef Zotter mit nicaraguanischen Kakao-Bauern...

Foto: STANDARD/Kirchengast

...und in seinem neuen "SchokoladeTheater".

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Trinkschokoladen-Anlieferung an die Besucher per Mini-Seilbahn vor oststeirischer Kulisse.

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Bergl - "Das Geld interessiert mich schon lang nicht mehr." Das sagt ein Mann, der soeben 17 Millionen Euro in die Hand genommen hat. Was daraus geworden ist, hat er uns in einem dreistündigen Rundgang vorgeführt. Und am Ende spiegelt sich das Leuchten seiner Augen auf den Gesichtern der Besucher wider - was nur zum Teil an den Glückshormonen liegt, deren Ausschüttung Schokolade fördert. Denn Josef Zotters Energie wirkt auf die Menschen, mit denen er zu tun hat, mindestens so anregend wie die Erzeugnisse seiner inzwischen legendären Schokolademanufaktur.

"SchokoladeTheater"

Seit einigen Wochen erwartet die Besucher im steirischen Bergl bei Riegersburg ein weiterer Beweis für Zotters Fähigkeiten, Grenzen zu überschreiten. Parallel zur ausgebauten Manufaktur wird das "SchokoladeTheater" inszeniert. Es lässt die Gäste teilhaben an der kompletten Produktionskette von der Röstung der Kakaobohnen über das Feinwalzen bis zum Conchieren, dem Schütteln, von dem alles abhängt: Dauert es zu lange, dann schwinden nicht nur die schlechten, sondern auch die guten Aromen. "Ich bin für ein kürzeres Conchieren", sagt Josef Zotter. "Dann hat die Schokolade Charakter."

Charakter, das Echte statt des Scheins: Schlüsselbegriffe für das "Unternehmen Zotter". Und deshalb ist das Schokolade-Theater trotz seines Namens kein Theater, keine Show. Die Besucher werden in einem gläsernen Gang mitten durch die einzelnen Produktionsstufen geführt. Die zahlreichen Verkostungsstationen dienen dazu, das Gesehene an den Gaumen zu übertragen.

Geschmack "denken"

Etwas, das Josef Zotter selbst übrigens nicht braucht. "Das kann ich denken", sagt er über seine Kreationen, die anfangs mitunter nicht den Publikumsgeschmack treffen. So die Schokolade mit "Grammelnussen", womit Schweinsgrammeln umschrieben sind. "Die ist am Anfang überhaupt nicht gegangen. Heute ist sie der Megaseller. Wir kaufen alle Bio-Grammeln von Österreich zusammen."

"Ich produzier nichts für Kunden. Zuerst muss es für mich stimmen." Eine kokette Aussage bei einer Tagesproduktion von 50.000 Tafeln, die sich zu Weihnachten hin noch steigert. In 4600 Geschäften weltweit ist Zotter-Schokolade mittlerweile zu haben, davon rund tausend in Österreich. Das Geschäft mit den Besuchern macht nur vier Prozent des Gesamtumsatzes aus. Aber: Mit inzwischen 150.000 Besuchern jährlich zählt die Manufaktur bereits zu den attraktivsten steirischen Tourismuszielen und kann sich mit der nahen Riegersburg messen. Mehr als 400.000 sind es schon seit der Eröffnung im Jahr 2002. "Und das sind 400.000 Botschaften, die hinausgehen." Daher will Zotter "den Menschen zeigen, wie's wirklich funktioniert" bei der Schokoladenproduktion.

Zumindest bei einer, wie er sie sich vorstellt. Seit drei Jahren ist der Betrieb ganz auf Bio umgestellt. Den Richtlinien des "Fair Trade" folgte Zotter von Anfang an: Kauf der Grundprodukte ohne Zwischenhandel. Seinen Kakao-Bauern in Nicaragua, Costa Rica, Panama, Ecuador, der Dominikanischen Republik und Peru zahlt er für die beste Kakaobohnen-Qualität 4300 Euro je Tonne, das Dreifache des Weltmarktpreises. Auch für die Bio-Zertifizierung von umgerechnet je 50 Dollar ist er aufgekommen. "Bio waren sie sowieso, weil sie sich Kunstdünger nicht leisten können." Zotter selbst hat mittlerweile eine eigene Kakaoplantage im brasilianischen Ilhéus, 200 Kilometer südlich von Salvador de Bahia, angelegt.

MitarbeiterInnen aus Nicaragua

Derzeit arbeiten zehn Bauern und Bäuerinnen aus Nicaragua in der Manufaktur mit. Zotter hat ihnen die Reise - ihre erste ins Ausland - gezahlt. Sie sollen sehen, was aus ihrem Grundprodukt entsteht. "Das hat ihnen früher niemand gesagt, dass das, was sie machen, einen Wert hat", sagt Zotter, der darauf bestanden hat, dass auch Frauen mitkamen. Es ist übrigens eine Frau, Sofia Castillo Duarte, die die einzelnen Kooperativen der beteiligten Bauern in Nicaragua koordiniert. "Dieser Besuch hier animiert uns zu noch besserer Arbeit; für den lokalen Markt wird eine solche Qualität ja nicht verlangt", meint einer von ihnen.

Vor 15 Jahren begann Josef Zotter, seine Vision von der anderen Schokolade umzusetzen. Fünf Jahre später war er knapp am Scheitern. Finanzieller Druck zwang ihn, von Graz auf den Bauernhof der Eltern auszuweichen. Der alte Kuhstall wurde verfliest, dort startete die Produktion neu. Im Nachhinein ein Glücksfall: Es gab Platz für die Expansion, und die sanfte oststeirische Hügellandschaft liefert den perfekten Rahmen für ein Produkt, das für Glück und Harmonie steht. Wie kommt man darauf, sich als Neueinsteiger in einem so heiß umkämpften Markt durchsetzen zu können? "Jedes Massenprodukt hat die größten Nischenplätze", sagt Zotter. Und: "Wenn es heißt: 'Das geht nicht', wird's für mich erst interessant." (Josef Kirchengast, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.9.2007)