Die U-Bahn-Station Reumannplatz kurz nach den Attacken: Drei Männer wurden am Montag dort vom Bahnsteig gestoßen und verletzt. Die Züge konnten gestoppt werden.

Foto: Heribert Corn
Sie erlitten leichte bis schwere Verletzungen. Der aggressive Mann hatte schon davor auf der Straße Passanten attackiert.

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Wien - Ein junger Mann, der offenbar unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand, hat Montagmittag in der U-Bahn-Station Reumannplatz wahllos Passanten attackiert und schließlich drei Männer auf die Gleise der U1 gestoßen. Alle drei erlitten dabei Blessuren mittleren Grades. Insgesamt wurden sechs Menschen verletzt. Der 29-jährige mutmaßliche Täter wurde festgenommen.

"Fahrgäste sind zu mir gekommen und haben gesagt, dass vor der U-Bahnstation ein Mann randaliert und wahllos auf Leute einschlägt", schildert der Stationswart Wolfgang Moser im Gespräch mit dem Standard den Vorfall. Der Mann habe schon auf dem Weg zur U-Bahn Passanten angepöbelt und gestoßen. Einige stürzten und erlitten Abschürfungen. "Auf dem Bahnsteig zerschlug er dann einem älteren Mann die Brille und verletzte ihn im Gesicht", beschreibt Michael Mimra, Leiter des Kriminalkommissariats Süd, die Zeugenaussagen. Als Umstehende dem Mann zu Hilfe eilten, kam es zu einer Rangelei, bei der der 29-jährige Wiener zwei Männer auf die Gleise stieß. Danach ging er ein paar Meter weiter und stieß einen weiteren Mann vom Bahnsteig.

Blitz-Attacken Nur wenige Augenblicke, nachdem der Stationswart von den Fahrgästen auf den Randalierer aufmerksam gemacht worden war, sah er die dramatische Szene auf dem Überwachungsmonitor. "Ein Mann fiel in hohem Bogen vom Bahnsteig", sagt Moser. Per Notstopptaste hielt er die U-Bahn-Garnituren an und alarmierte die Polizei. Moser: "Sekunden später sah ich einen zweiten Mann fallen, danach sind etliche Leute hinuntergesprungen, um den beiden zu helfen." Zum Zeitpunkt des Vorfalls war glücklicherweise keine U-Bahn in der Nähe der Station.

Die drei Opfer erlitten Abschürfungen, Schnitt- und Rissquetschwunden. Ein Mann ist laut Polizei so unglücklich gefallen, dass er möglicherweise Rückenverletzungen erlitten hat. Im Unfallkrankenhaus hieß es, es gehe den Männern den Umständen entsprechend gut. Mimra beschreibt den Verdächtigen als "äußerst aggressiv", der Mann sei bei der Polizei kein Unbekannter. Die Einvernahme des Verdächtigen dauerte zu Redaktionsschluss noch an.

Gegen Attacken auf Bahnsteigen sind die Betreiber praktisch machtlos. Dass sich derartige Vorfälle verhindern ließen, glaubt Johann Ehrengruber, Sprecher der Wiener Linien, nicht. Bahnsteigtüren, wie sie beispielsweise in Moskau oder Tokio üblich sind, seien für fahrerlose U-Bahnzüge konzipiert. Dabei fahren die Züge hinter einer Metallwand ein, die Türen am Bahnsteig öffnen sich erst, wenn der Zug steht. Ehrengruber: "Verrückte Menschen finden aber trotzdem immer Wege."

Abgewiesen Im November 2005 hatte ein 56-Jähriger versucht, eine Stationsaufseherin vor den einfahrenden Zug der Linie U4 zu stoßen. Damals war es für einen "Notstopp" zu spät. Die Bedienstete konnte nur durch das Eingreifen einiger Passanten rechtzeitig gerettet werden. Der Mann hatte bereits Monate vorher wahllos Frauen auf der Straße attackiert. Schließlich suchte der Mann von sich aus Hilfe. Er begab sich in ein psychiatrisches Krankenhaus, wurde aber umgehend abgewiesen.

Keine zwei Wochen später kam es zu dem Zwischenfall in der U-Bahnstation. Zwei Aufseherinnen führten eine Stationskontrolle durch, worauf sie der auf einer Bank sitzende Mann anpöbelte. Er wurde gebeten, den Mund zu halten oder die Station zu verlassen. Er warf zunächst einer Frau seine brennende Zigarette ins Gesicht, und als der Zug einfuhr, sprang er auf und wollte sie auf die Gleise werfen. "Um dich ist es ohnehin nicht schade", soll er gerufen haben. (Bettina Fernsebner-Kokert/DER STANDARD – Printausgabe, 18.9.2007)