Das Melancholische des Werkes von Richard Strauss war in guten Händen: Edith Haller (als Ariadne) am Klagenfurter Stadttheater.

Foto: Stadttheater
Köpplinger verlegt das raffinierte Werk in dessen Entstehungszeit.


Klagenfurt – Nun ja. Zumindest die First-Landes-Lady hat bis zum Schluss durchgehalten. Der landesfürstliche Gemahl hingegen kam nach der Pause nur noch, um für die Gattin stilgerecht den Stuhl herzurichten – dann war er weg. Es soll dem neuen Intendanten des Klagenfurter Stadttheaters, Josef Köpplinger, der die Nachfolge des kürzlich verstorbenen Dietmar Pflegerl angetreten hat, allerdings nichts Schlimmeres passieren, als in den Genuss dieser Neudeutung der Formulierung "interesseloses Wohlgefallen" zu kommen.

Vorausgesetzt, sie ist auch begleitet von finanziellem Wohlwollen. Und doch, die Chancen stehen gut. Es sind vom Neointendanten bis dato keine Aussagen zu finden, die auf einen Konfrontationskurs mit dem Landeshauptmann hindeuten würden. Und auch das Werk, welches Köpplinger nun als Regisseur gewählt hat, um seine Amtszeit zu eröffnen, Ariadne auf Naxos, passt dazu. Es bringt die Antike ins Barock, und Köpplinger verlegt es in die Entstehungszeit des Werkes, als Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal sich produktiv austauschten – also eigentlich weit weg von einer womöglich brisanten Gegenwart.

Traurig und lustig

Es wird denn auch ein Jugendstilsalon (Bühnenbild: Johannes Leiacker) zum Schauplatz der Wünsche eines reichen Wiener Herren, der die traurige Geschichte von Ariadne spontan durch eine Komödie aufgehellt wissen will. Und dies nicht in einem Nacheinander, sondern – so sein Begehr einige Minuten vor Beginn der Vorstellung – als Durchmischung zweier Stücke. Genauer: Es soll das Heitere improvisierend sich in die Tragödie einschleichen. Die Turbulenzen und das Entsetzen der überrumpelten Theaterleute hat Köpplinger gut gelöst. Er verliert sich nicht in oberflächlicher Chaos_herstellung, delikat gelingt es ihm, den Einzelnen und sein Verhältnis zur Gruppe zu definieren. Seine Ideen sind konventionell, sie vermitteln aber theatralen Tiefenblick und Leichtigkeit. Es herrscht hier Theaterleben abseits von Opernklischees.

Lebendige Koloraturen

Man sieht: In der heiteren Truppe herrscht Eifersucht, begehrt ist Zerbinetta; und die Bediensteten sind aufgeregt schon vor Beginn der Vorstellung unterwegs. Dann die Diva, die Ariadne vermitteln wird. Sie hat ihr Hündchen so gerne wie den Alkohol. Da gibt es also viel Detailvolles zu sehen, aber auch zu hören. Und weil das fast alle auf der Bühne betrifft, ist man Zeuge einer sehr anständigen musikalischen Umsetzung, bei der natürlich Daniela Fally (als Zerbinetta) den meisten Applaus abräumt. Und dies zu Recht.

Sie meistert die koloratur-gespickte Partie mit Bravour; sie schafft es aber auch, die Figur glaubhaft zu zeichnen – zwischen Sympathie für den Komponisten (solide Krisztina Szabó) und der körperbetonten Auseinandersetzung mit ihren männlichen Fans, die sich dann auf dem Klavier fast in Richtung flotter Fünfer entwickelt. Eine Stimme für prominente Häuser.

Um sie herum also gute Qualität. Nahezu tadellos Edith Haller (als Ariadne) und souverän in der Herablassung Peter Matic (als Haushofmeister). Und nachdem sich ein zu Beginn etwas derber Zugang zur Partitur gelegt hatte, raffte sich der orchestrale Teil der Musik – animiert von Dirigent Peter Marschik – auf zu süffigem Klang, den man bei Strauss dann doch nicht missen möchte.

Man latschte hier also in großen Strauss-Schuhen, kam aber sehr anständig vom Fleck. Darauf lässt sich einiges aufbauen. (Ljubiša Tošic /DER STANDARD, Printausgabe, 15./16.09.2007)