Eine Frau, die bis zum bitteren Ende durchhält: Angelina Jolie als Mariane Pearl in Michael Winterbottoms Entführungsdrama "Ein mutiger Weg" /"A Mighty Heart"

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Wien – Die Geschichte des Wall Street Journal-Journalisten Daniel Pearl, der 2002 in Pakistan entführt wurde, war in vieler Hinsicht bezeichnend für die geopolitische Lage nach dem Terror von 9/11. Der Asienkorrespondent recherchierte Verbindungen zwischen Pakistan und der Al-Kaida, als er von einem Interview nicht mehr zurückkehrte. In Erinnerung blieb der Fall auch deshalb, weil Pearls Frau Mariane viel in Bewegung setzte, um ihn zu finden, das Ende aber tragisch ausfiel: Pearl wurde von seinen Entführern vor laufender Kamera enthauptet.

Ein Film über die Umstände von Pearls Entführung steht schon immer vor dem Problem, zwischen dem privaten Drama und den politischen Implikationen einen Kompromiss schließen zu müssen. Der britische Regisseur Michael Winterbottom, der nicht erst seit "Road to Guantánamo" gerne auf Themen mit tagespolitischem Gewicht zugreift, ist zunächst an Marianes Perspektive interessiert, auf deren Buch "Ein mutiger Weg"/ "A Mighty Heart" auch basiert.

Sie ist der Motor für eine umfangreiche Suchaktion, in der die politischen Fronten in indirekter Form wieder aufscheinen. Sie ist aber auch mehr als das, weil sich in ihrer Figur zwei Bilder überlagern: jenes der realen Heldin Mariane und jenes ihrer Darstellerin Angelina Jolie, die mit diesem (von ihrem Mann, Brad Pitt, mitproduzierten) Film ihre Fähigkeiten als engagierte Schauspielerin unter Beweis stellen will.

Kämpferin statt Opfer

Als hochschwangere Frau, die die Nerven nicht wegschmeißt, sondern bedingungslos an die Rettung ihres Mannes glaubt, wird sie nicht als das nahe liegende passive Opfer inszeniert, sondern als beherrschte Kämpferin. Jolie, die zuletzt eher durch ihre ständig wachsende Kinderschar Schlagzeilen machte – und von der US-Künstlerin Kate Kretz gar als Madonna der Supermärkte interpretiert wurde – bleibt dabei aber bis zum Ende die Diva, die das Allzumenschliche überragt.

Das irritiert deshalb, weil "Ein mutiger Weg" auch ein "policier" sein will, ein Polizeidrama, das sich mit einiger Detailfreude den komplizierten Verästelungen des Falles widmet. Es baut dabei nicht unbedingt auf Suspense auf – der Ausgang ist ja bekannt –, vielmehr ist es vom Geflecht von Hintermännern, Stellvertretern und Informanten fasziniert – und damit vom Netzwerk des Terrors. Es muss nun von der anderen Seite durchdrungen werden, um zum Versteck von Pearl zu gelangen.

Zur Konfusion trägt aber auch die Seite der Ermittler bei. Sie setzt sich aus einem Team zusammen, in dem die Interessen Pakistans (repräsentiert durch einen Beamten des Geheimdiensts) und jene der USA (Journalisten, FBI-Leute und "Sicherheitsexperten") aufeinandertreffen. Der unterschiedliche Wissensstand sorgt für Reibung. Hinzu kommt, dass Mariane an der Suche mitwirkt, ihr aber bestimmte Informationen vorenthalten werden.

Winterbottom greift in der Umsetzung auf jenen semidokumentarischen (Mode-)Stil zurück, der sich zuletzt bei ähnlich gearteten Filmen zum Terror wie "United 93" bewährt hat: Die Kamera bleibt wendig und als Beobachter spürbar. Auf politische Mutmaßungen, wie sie der Philosoph Bernard Henri-Lévy in seinem Buch "Wer hat Daniel Pearl ermordet?" angestellt hat, lässt sich der Film aber nicht ein.

In Erinnerung bleibt daher viel eher ein Schrei, mit dem Mariane auf die Nachricht des Todes reagiert – eine Szene, mit der Jolie auch alle über sie hinausgehenden Fragen zum Verstummen bringt. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.9.2007)