Uljanowsk/Moskau - Selbst in Russland ist die Wolgastadt Uljanowsk nur bekannt, weil die Autofirma UAZ dort Geländewagen produziert und Lenin als Wladimir Uljanow 1870 dort geboren worden ist. Nun will die Stadt das Gebären überhaupt zu ihrem Markenzeichen machen. Der heutige 12. September wurde von der Gebietsverwaltung für arbeitsfrei und zum "Tag der Familienkommunikation" erklärt. Die Absicht dahinter drückt der Volksmund unverblümt aus, er spricht vom "Tag der Empfängnis".

Die Initiative geht auf den Gebietsgouverneur Sergej Morosow zurück. Er hatte auf den Aufruf von Präsident Wladimir Putin, dem starken Bevölkerungsschwund entgegenzuwirken, mit dieser eigenwilligen Maßnahme zu vermehrtem, Nachwuchs förderndem Sex aufhorchen lassen. "Gebier einen Patrioten zum Tag Russlands", lautet der Titel der Aktion.

Ein Geländewagen winkt

Mit dem Tag Russlands ist der Tag der russischen Verfassung am 12. Juni gemeint. Wer also in genau neun Monaten gebiert, erhält einen Geländewagen der Marke "UAZ-Patriot".

Die Aktion findet bereits zum zweiten Mal statt, ist heuer nur größer affichiert. Schon heuer sei die Geburtenrate um 1,2 Prozent gestiegen, heißt es in der Gebietsverwaltung. Wie die russische Zeitung Nowyje Iswestija berichtet, tue die Beamtenschaft alles dafür, eine liebesfördernde Atmosphäre zu schaffen. Dazu gehörten Konzerte oder ein Agitationszug mit Hebammen, Gynäkologen und Psychologen zur Beratung der Bevölkerung in Sachen Nachwuchs.

Matratzen-Überlegung

Im Volk schüttle man auch den Kopf, Lehrer hätten vorgeschlagen, Matratzen und Matten in den Turnsälen auszulegen. Und nach der Einschätzung des Menschenrechtsaktivisten Alexandr Bragin, fehle nur noch, dass die Beamten die Betten kontrollierten. Das Ganze sei eher eine PR-Aktion als ein wirklicher Kampf mit demografischen Problemen.

Dies ist in der Tat virulent. Aufgrund der niedrigen Geburtenrate und der niedrigen Lebenserwartung gerade unter Männern prognostiziert die UNO für Russland einen Bevölkerungsschwund von derzeit etwa 145 Millionen auf 108 Millionen im Jahr 2050, die russischen Statistiker rechnen mit einem Rückgang um 10 Millionen bis 2025. (Eduard Steiner, DER STANDARD Printausgabe, 12.9.2007)