Lateinexpertin vor großem Karrieresprung: Daniela Mairhofer.

Foto: DER STANDARD/Uni Innsbuck
Wer im Unterricht den Liber Latinus stets zu "Lieber kein Latein" umgeschrieben hat, kann da nur staunen: "Von Latein war ich von der ersten Schulstunde an fasziniert. Wenige Tage vor Studienbeginn vertraute ich meinem Bauchgefühl und inskribierte doch Klassische Philologie", so Daniela Mairhofer vom Institut für Sprachen und Literaturen an der Universität Innsbruck, die Ende September an die Oxford University wechseln wird. Die Entscheidung für das Studium von Latein und Altgriechisch empfindet sie immer noch als goldrichtig. Neben dem Studium jobbte die Thierseeerin jedoch stets auch als Sprachtrainerin für lebende Fremdsprachen.

In einer internationalen Ausschreibung der englischen Elite-Uni setzte sich die 27-Jährige gegen starke Konkurrenz durch - Erfahrung und Publikationen wurden natürlich vorausgesetzt - und wird bald quasi im Alleingang einen Teil der dort befindlichen frühmittelalterlichen Handschriften aufarbeiten.

Eine Karriere als Wissenschafterin stand für sie früh fest, wobei ihr Institutsleiter (und der künftige Rektor der Uni Innsbruck) Karlheinz Töchterle sie "zu eigenständiger Forschung stets ermutigt" hat. Das Studium führte sie noch an die Uni Graz und an das University College in London bis zum Doktorat summa cum laude in Innsbruck 2005.

Ihr Spezialgebiet ist Mittellatein, also jene Form, die zwischen Spätantike und Humanismus (von etwa 550 bis 1500 n. Chr.) als Schrift- und Bildungssprache in Westeuropa gebräuchlich war. Die antike Sprachform wurde zu dieser Zeit viel gebraucht und entsprechend angepasst.

Derzeit werkt sie in einem Team - unterstützt von FWF und Akademie der Wissenschaften - an der Katalogisierung mittelalterlicher Handschriften an der Uni-Bibliothek Innsbruck und des Klosters Wilten, was den Rahmen einer 40-Stunden-Woche häufig sprengt. Teil des Jobinterviews in Oxford war die Frage nach ihrem Umgang mit Stress. Die Sprachforscherin macht sich also in Bezug auf ihr Arbeitspensum keine Illusionen.

Nicht nur trockene Texte

Zum Glück ist der großteils theologische Lesestoff der Altphilologin nicht nur trocken, denn der Unterhaltung dienten unter anderem auch so genannte Mirakel- und Exempeltexte. Darin geben sich Heilige, Märtyrer und Co. ein Stelldichein, um mit ihren Geschichten dem Publikum "nicht selten dramatisch" vor Augen zu führen, dass auf einen moralischen Fehler unabwendbar Strafe "von oben" folgt. Im günstigsten Fall die Einsicht und der Entschluss zu einer besseren Lebensführung.

So sauber geschrieben wie die gerne ausgestellten Prunkhandschriften ist nicht das gesamte Material. Die Codices werden dennoch, soweit möglich, nach Alter, Herkunft und Inhalt beschrieben und erfasst, was auch Forscher anderer Disziplinen die Arbeit erleichtert: "Wir schlagen in gewisser Weise eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Bei bekannter Literatur werden oft weitere Bausteine für die Überlieferungsgeschichte geliefert, unbekannte oder verloren geglaubte Literatur wird gewissermaßen in die Gegenwart hinübergerettet", beschreibt die Tiroler Forscherin.

In der Freizeit erfreuen sie ihre antiken Lieblingsautoren Homer und Vergil, rezent bevorzugt sie Thomas Bernhard. Neben dem Lesen sorgt Sport für Ausgleich. Und das wird sich auch in Oxford nicht ändern. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe, 5.9.2007)