Fertigt denkwürdige Buttermilch – und einiges mehr: Franz Mulser vor seiner Hütte

Goster Schwaige
Seiser Alm
Südtirol
0039 347 8368154
Täglich mittags geöffnet, abends nur auf Reservierung.
Die Sommersaison (ab 20. Mai) endet je nach Wetterlage zwischen 15. und 20. Oktober. Die Wintersaison läuft von 15. Dezember bis Ostern.

Viergängiges Menü 50 Euro, Buttermilch ein Euro

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Einmal, ganz kurz, hab ich an meiner Entscheidung gezweifelt: War es wirklich gescheit, nach einem Menü zu fragen? Als nämlich die Ravioli mit der Spanferkelfülle und Eierschwammerl von der Tageskarte an mir vorüber an den nächsten Tisch gingen, wo es sich nun wirklich nicht mehr gehört, nach einer Kostprobe zu fragen.

Erdäpfel im Polster

Gleich darauf trudelten meine Ravioli ein, zwei gewaltige, buttrige Polster (mit Spanferkel gab's nur eins, hehe) auch von Eierschwammerl begleitet, aber gefüllt mit einer cremigen Erdäpfelmasse. Da ereilte mich der – zugegeben, nicht allzu häufig vorkommende – Gedanke: Es muss nicht immer Fleisch sein. Vor allem hier, in der Gostner Schwaige von Franz Mulser auf der Seiser Alm in Südtirol.

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Der Mann mit dem – wohl niemandem schmeichelnden – Filzhut statt einer Kochmütze bringt Psychedelik auf die Alm. Optisch jedenfalls, wenn er seinen "Salat vom Bauerngartl mit allerlei Blüten" auffährt, eines von diesmal nur zwei vegetarischen Gerichten auf der Karte neben Nocken aus Wiesenspinat, Borretsch und Almkäse, in der Gerstensuppe tummelt sich auch Speck. Auch geschmacklich macht der quietschbunte, gekonnt marinierte Haufen einiges her. Warum hab ich Herrn Mulser eigentlich nicht gefragt, wie die orange Blüte heißt, die nach Limonade schmeckt?

Bachforelle reitet Rind

Bevor wir über solchen Lebensfragen ins Grübeln geraten, zurück zum Menü auf der Almhütte, genauer, zu seinem Anfang. Pinzgauer Rind, luftgetrocknet und dünn geschnitten, auch mit einem von Mulsers gewaltigen wildbunten Blütensalaten und einem ordentlichen Häufchen Frischkäse bedeckt. Ergebt euch den Farben, aber eben nicht nur: Auf jeder dunkelroten Scheibe vom Rind findet sich ein knackiger Bissen roher Bachforelle. Wie die Komponenten zusammenspielen? Sehr gekonnt!

Die riesigen Ravioli haben wir inzwischen ja verputzt, zum Hauptgang zeigt uns das Milchkalb von der Tageskarte die keineswegs kalte, zartschmelzende Schulter, dazu Polenta und knackiges Gemüse, etwa Karotten und Zucchini (die ich jetzt im Almgarten nicht als erstes gesucht hätte).

Polentageografie

Das hätt ich naturgemäß jetzt nicht ohne Fleisch gewollt. Auch wenn die mit lockerer Hand über der Polenta verteilten Kräuter, ebenso das sehr ungleichmäßig applizierte Salz darauf jeden Bissen zu einer neuen, überraschenden Erkundung machen. Quasi ein abwechslungsreicher Gaumenspaziergang durch eine Polentageographie, wenn man das so sagen kann. Ok, ein seltsames Bild, kam mir aber beim Kosten. Und ich hatte nur ein Glas Weißburgunder dazu, bittschön.

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Noch mehr verstören als die Polentaschwurbelei könnte regelmäßige "Schmeck's"-Leserinnen und Leser aber, was jetzt kommt: Der Topfenknödel mit Marille, Rosenblättern und Kräutern war ziemlich unschlagbar, luftig und fest zugleich, hat sogar mich Dessertverächter schwer beeindruckt.

Denkwürdige Buttermilch

In keinem Bericht über die Gostner Schwaige darf fehlen: a) ein Hinweis auf die Winzigkeit der Küche. Sie ist wirklich nicht groß, aber Franz Mulser widmete sich bei unserem Besuch ohnehin eher dem Servieren und überließ das Finish seiner Gerichte zwei südländischen Hilfskräften, was, siehe oben, alles andere als störte. b) ein Hinweis auf die früheren Stationen von Franz Mulser – insbesondere das Tantris in München. Und seit 2006, dass er den Südtiroler Kochpreis Premio Godio bekommen hat.

Zum Käser ist der etwas schüchtern wirkende Lederhosenträger auch ausgebildet. In der Gostner Schwaige serviert er selbstgemachte Milchprodukte – den topfigen Frischkäse auf dem Pinzgauer Rind etwa und eine dicke, sehr buttrige Buttermilch. "Denkwürdig", staunte über die mein Tischnachbar.