Gerhard Drexel, Vorstandschef der Spar Österreich AG: "Man muss sich künftig im Biobereich auf knappere Ressourcen einstellen."

Foto: Standard
STANDARD: Weltweit steigen die Rohstoffkosten. Sind die Zeiten günstiger Lebensmittel vorbei?

Gerhard Drexel: Da muss man die Kirche im Dorf lassen, das ist zum Teil ein Sommerloch-Thema. Unser interner Index zeigt: Bei Spar sind die Preise im ersten Halbjahr 2007 um nur 0,5 Prozent gestiegen, also fast null.

STANDARD: Milchprodukte haben sich diesen Sommer jedoch um bis zu 15 Prozent verteuert.

Drexel: Das war sachlich gerechtfertigt – hier gibt es eine Verknappung. Im Schlepptau dieser Entwicklung versuchen jetzt andere Lieferanten, Preiserhöhungen durchzudrücken. Unsere Aufgabe ist es, nicht gerechtfertigte Anträge abzuwehren. Es kann nicht sein, dass die Industrie, nur weil sie verabsäumt hat, sich schlanker aufzustellen, dem Handel gestiegene Kosten überwälzt.

STANDARD: Molkereien fordern weitere Anpassungen. Auch die Bäcker und Fleischverarbeiter drängen auf höhere Preise.

Drexel: Bei Milch entscheidet die weitere internationale Entwicklung. Derzeit liegen uns aber keine Anträge für Preiserhöhungen vor. Das gilt auch für Fleisch und Brot. Wir müssen aufpassen, dass Lieferanten nicht übermütig werden.

STANDARD: Bauern klagen, sie hätten bisher von den gestiegenen Preisen in den Supermärkten nichts gesehen. Zu Recht?

Drexel: Dann ist bei den Molkereien nicht korrekt gearbeitet worden. Wir haben den Erhöhungen nur unter der Maßgabe zugestimmt, dass diese zu 100 Prozent an die Landwirte weitergegeben werden.

STANDARD: Hat hier nicht auch der Handel kräftig mitverdient?

Drexel: Nein, man darf dabei nicht verallgemeinern. Es waren mehr als 1000 Produkte betroffen, und wir haben uns um gerechte Aufteilung bemüht. Als Erster schneidet natürlich der Finanzminister mit.

STANDARD: In Deutschland wurden Gratislebensmittel für Sozialhilfeempfänger diskutiert.

Drexel: Das ist nicht nachhaltig. Die Lebensmittel müssen für alle erschwinglich bleiben.

STANDARD: Brüssel tastet den von Ihnen hart kritisierten Einstieg der Rewe bei Adeg nicht an. Ist das eine Niederlage?

Drexel: Nein, es ging hier ja lediglich um die Frage der Zuständigkeit. Jetzt liegt der Ball wieder bei der Bundeswettbewerbsbehörde in Wien. Diese muss prüfen, ob es Kartellverstöße gibt. Die Bewertung hat Präzedenzwirkung. Sind diese Einkaufskooperationen zulässig, könnten künftig viele andere Händler auf ähnliche Gedanken kommen.

STANDARD: Schließen Sie da die Spar-Gruppe mit ein?

Drexel: Durchaus auch– aber wir warten als Anhänger des Rechtsstaates ab, wie das die Wettbewerbsbehörde sieht.

STANDARD: Adeg verkauft seine Cash-&-Carry-Märkte. Ist Spar daran interessiert?

Drexel: Nein. Wir wollen nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Stattdessen haben wir ja seit über 20 Jahren unsere Minderheitsbeteiligung bei der Metro Österreich. Wir haben jedoch den Eindruck, dass man bei diesem Verkaufsprozess seitens der Adeg bereits vorher weiß, wer der Käufer wird.

STANDARD: Sie meinen, der Verkauf ist auf Prodega, eine Tochter der Rewe, zugeschnitten?

Drexel: Ja, denn Adeg gibt nur 50 Prozent ab. Kein wirklicher Mitbewerber würde sich damit zufrieden geben.

STANDARD: Stört Sie das?

Drexel: Das Ganze ist ein Katz-und-Maus-Spiel. Rewe verhält sich so, als ob Adeg ihre Vertriebslinie wäre. Adeg scheint das zu gefallen, aber nach außen tun sie so, als ob sie selbstständige Konkurrenten wären. Man probiert, ob die Wettbewerbsbehörde was sagt. Wenn nicht, macht Rewe den nächsten Schritt. Die Kartellhüter werden das aber richtig zu bewerten wissen.

STANDARD: Adeg trennt sich zudem von rund 30 Eigenfilialen.

Drexel: Wir haben die Unterlagen und schauen sie uns an. Die Mehrheit der Standorte ist schon seit Längerem am Markt. Standard: Was ist aus Ihrem Interesse an den früheren Magnet-Shops der Adeg geworden? Drexel: Wir haben keine Unterlagen, es gibt keine Gespräche.

STANDARD: Zurück zu den Lebensmitteln. Viele warnen davor, dass der aktuelle Bio-Boom zu Qualitätsverwässerung führt.

Drexel: Wir hatten bei unserer Biolinie „Natur Pur“ im ersten Halbjahr 53 Prozent mehr Umsatz. Die Artikelzahl stieg von 250 auf 320. Und wir nehmen österreichische Biolieferanten mit ins Ausland. Sicher, man muss sich im Biobereich auf knappere Ressourcen einstellen. Es gibt aber strenge Gesetze, und unsere eigenen Standards sind noch höher. Dafür lege ich die Hand ins Feuer. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.08.2007)