Wien – In Wirklichkeit sind Mountainbikes Unfug. In der Stadt, wohlgemerkt. Weil Asphalt-Radfahrer einfach keine grobstolligen 26-Zoll-Reifen oder fette Hinterrad-Federungen brauchen. Aber wenn alle am "Mounty" fahren, seufzt Michael Ferdiny, glauben Rad-Sucher eben, dass das einen Grund hat. Auch wenn der nur die Inflexibilität des Handels ist, erklärt der Betreiber des Wiener Fahrradladens "Ciclopia": "Stadtradler sind der Wachstumsmarkt – aber angeboten werden Sportgeräte." Oder "Lockenwicklerräder": Räder, die "nur dazu taugen, am Campingplatz Semmeln zu holen". Der Irrtum hat historische Wurzeln: In den 60ern fuhr nur Rad, wer sonst nichts hatte. In den 70ern begannen dann ein paar Irre bei San Francisco hügelab und querfeldein zu fahren – und weil die Bikes das nicht aushielten, bastelte man sich bessere: Mountainbikes. Europa winkte lächelnd ab: Noch in den 90ern ignorierten die "großen" Italiener und Franzosen den Trend – und auch Sachs und Co staunten, als die Hinterhof-Bastler von "Shimano" plötzlich den Schalt-Ton angaben.

Gelände-Bock

Als Alternativlinge in Europa Ende der 70er-Jahren dann das Rad wiederentdeckten, hatten sie wenig Auswahl: Wer am City-Kopfsteinpflaster kein Waffenrad stemmen oder sein „Clubman“ ständig reparieren wollte, griff zum massigen "Geländebock". Mit Kotschützern und Gepäckträger dann "Citybike" genannt. Erst ab den 90ern tröpfelte "stadttaugliches" Material in den Handel. Doch noch heute fallen MTBs mit "Slicks" auf. Aber die Entwicklung geht weiter: Vor allem US-Hersteller haben geschaut, wie Fahrradboten ihre Räder "pimpen" – und darüberhinaus laut Ferdiny erkannt "dass ein cooles Rad längst ein Prestigeobjekt ist". Der Unterschied zum SUV? Der Werber, der "standesgemäß" am 3000-Euro-Rad fährt, protzt klimaneutral.

Beim Profi abschauen

Generell empfiehlt Ferdiny beim Stadt-Radkauf, bei Profis Anleihen zu nehmen – und da, bestätigt auch Veloce-Gründer Paul Brandstätter, ist das Rennrad "heute das Rad der Wahl": Auch die Angst vor defektanfälliger Hardware sei ein Relikt des 20. Jahrhunderts. Wirklich cool, so Ferdiny, ist man derzeit aber mit einem ganz anderen Teil – einem "Fixie": "Fixies" sind Bahnräder, haben also eine starre Übersetzung. "Entwickelt" wurden sie von US-Boten, die alles abmontierten, was sonst gestohlen werden könnte. Mit Vernunft, gibt Ferdiny zu, haben "Fixies" in hügeligen Städten zwar wenig zu tun – aber "das ist die Essenz von Radfahren: Weniger geht nicht – mehr braucht man nicht". (Thomas Rottenberg, Printausgabe, 28. August 2007)