"Unschuldige" Pflänzchen im Hanfshop. Dort hindert sie eine 18-Stunden-Beleuchtung am Blühen und somit daran, Rauschstoff zu produzieren - daher ist ihr Verkauf legal.

Foto: Robert Newald
Obwohl legal arbeitend, drohten ihnen bis zu 15 Jahre Haft.

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Die hohe Strafandrohung der Staatsanwaltschaft Wien habe seine Klienten ziemlich geschockt, erinnert sich Rechtsanwalt Georg Bürstmayr. "Mit dem Risiko, zwischen ein und 15 Jahre Haft auszufassen, hatten die Hanfshop-Betreiber nicht gerechnet." Immerhin sei das eine ebenso strenge Strafe, wie sie wegen schweren Raubs oder erpresserischer Entführung ins Haus stehe.

Auch bei seinen Klienten, die in ihrem Geschäft Hanfsetzlinge, die rechtlich nicht als Suchtmittel gelten, sowie Produkte rund um den Hanf anbieten (siehe "Wissen"), hörten sich die Anschuldigungen martialisch an. Sie hätten als Beitragstäter mehr als das 500-fache der straffreien Grenzmenge Marihuana in Umlauf gesetzt, hieß es da - und sich somit sozusagen als Großdealer betätigt.

"Nicht verboten"

Einen Hanfshop zu betreiben ist gesetzlich nicht verboten", kritisiert Bürstmayr, "doch die Shopinhaber und Verkäufer werden zunehmend ins kriminelle Eck gedrängt." - und zwar auf der Basis einer Wahrscheinlichkeitsrechnung, die davon ausgeht, dass eine große Anzahl der verkauften Hanfsetzlinge von den neuen Besitzern daheim zum Blühen und somit Produzieren des berauschenden Mittels Tetrahydrocannabinol (THC) gebracht worden sei.

Eine solche vom Obersten Gerichtshof befürwortete Argumentation höhle ein "wichtiges Grundprinzip des Rechtsstaates" aus: nämlich, dass im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden sei. Wenn bei einer Hausdurchsuchung blühende Hanfpflanzen gefunden würden und deren Besitzer auf die Frage, wo er sie herhabe, "aus dem Hanfshop soundso" antworte, sei "noch nachvollziehbar", dass gegen den Hanfshopinhaber als Beitragstäter vorgegangen werde - so wie es in den vergangenen Jahren in dutzenden Fällen geschehen sei.

Betroffene"unwissend" Problematisch jedoch werde die Sache. wenn Staatsanwaltschaften Hanfshop-Betreiber generell unter Großdealerverdacht stellten, weil damit "zu rechnen sei", dass jedes Pflänzchen später zum THC-Lieferanten großgezogen werde. "Viele Betroffene wissen gar nicht, dass sie sich laut der herrschenden Gesetzes- interpretation mit eineinhalb Beinen im Gefängnis befinden", meint der Anwalt.

Dass sie im halb legalen Graubereich agierten, wüssten die Betreffenden in der Regel durchaus, schränkt hier Fritz Zeder, Suchtmittelgesetz-Experte im Justizministerium, ein. Die Sorge um rechtsstaatliche Grundsätze teilt er jedoch. Statt per Gerichtsbarkeit "leise Fakten zu schaffen", plädiert er für, "klare gesetzliche Regelungen".

Im vorliegenden Fall folgte die Richterin der Anklageschrift übrigens nicht. Die Hanfshop-Betreiber kamen mit bedingten Strafen davon. (Irene Brickner/DER STANDARD – Printausgabe, 27.8.2007)