Nach langer Krankheit ist 82-jährig Albert Sternfeld gestorben. Er war Wiener und Jude – beides so engagiert, dass er damit an vielen Seiten angeeckt ist. Wenn es heute in Österreich einen „Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus“ gibt, so geht er auf Initiativen Sternfelds zurück, auch wenn dieser mit dem Ergebnis gar nicht einverstanden war.

In der Öffentlichkeit wurde er, auch durch seine Gastkommentare im Standard, bekannt, als er nach der von der Waldheim-Affäre ausgelösten Befassung mit Österreichs Vergangenheit eine „Geste des guten Willens“ verlangte: Die Überlebenden unter den aus Österreich vertriebenen Juden, die „Ex-38er“, sollten eine einmalige finanzielle Zuwendung bekommen.

Noch 1986, so schrieb Sternfeld, habe ihm ein Regierungsmitglied gesagt, dass dies nicht möglich sei, weil es „zwischen 1938 und 1945 Österreich rechtlich nicht gegeben hat“. Sternfeld notierte alles und wunderte sich öffentlich, dass Waffen-SS-Mitglieder sozialrechtlich besser gestellt waren als zurückgekehrte Juden. 1988 wurden die ärgsten Benachteiligungen bei den Pensionsansprüchen ausgeräumt. 1991 gab der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky, mit dem Sternfeld Kontakt hatte, vor dem Nationalrat die berühmte Erklärung ab, in der es hieß, dass „viele Österreicher an den Unterdrückungsmaßnahmen und Verfolgungen des Dritten Reichs beteiligt“ waren.

1992 referierte der versicherungsmathematisch versierte Sternfeld im Auftrag der Israelitischen Kultusgemeinde vor Ministern und Abgeordneten seinen dreiteiligen Plan. Er bestand aus der finanziellen „Geste“ von knapp 4300 Euro, der Rückgabe der österreichischen Staatsbürgerschaft und der Öffnung der Verjährungsfrist in Rückstellungsfällen.

Sternfelds gewünschte Einmalzahlung stieß auf Ablehnung; in der Folge wurde ohne ihn verhandelt. Er hatte den Eindruck, dass die „Ex-38er“ zu wenig vertreten würden. Die Historikern Sabine Mayr hat im Buch „Die Sternfelds“ (Mandelbaum Verlag, 2005) diese Familie genau beschrieben. Aus Pressburg stammend, war Vater Michael, ein Geschirr-Großhändler, sowohl in der Kultusgemeinde als auch in der Handelskammer hoch angesehen. Albert kam 1938 mit einem Kindertransport nach London, später nach Palästina, wo sein Vater 1943 starb. Mit 18 meldete sich Albert zu den britischen Luftstreitkräften, machte beim „Free Austrian Movement“ mit und half beim Aufbau von Israels Luftwaffe.

1966 ging er nach Wien zurück und brachte es bis zum Vorstandsdirektor der Donau-Versicherung. Er beklagte oft, dass von dem an der Hochkultur orientierten Wiener Judentum nicht viel geblieben war. Trotz aller Widerborstigkeit wurden seine Leistungen doch mit Orden und Ehrungen der Republik anerkannt. (Erhard Stackl/DER STANDARD, Printausgabe, 23.8.2007)