Das Ritz ist nicht irgendeine Herberge. In der Metropole mit ihren 14 Millionen Einwohnern gilt es als die nobelste Hoteladresse. Am Nordrand des Kreml, an der Stelle der einstigen Sowjetabsteige "Intourist", haben kasachische und türkische Investoren dafür 350 Millionen Dollar locker gemacht, um der Nachfrage nach Luxus zu entsprechen. Groß ist diese in einem Land mit 60 ausgewiesenen und mindestens noch einmal so vielen anonymen Dollarmilliardären.
Mit lediglich 6000 Zimmern internationalen Standards steht man hinter anderen Metropolen noch weit zurück. Das treibt den Preis. Deloitte & Touche hat einen Durchschnittszimmerpreis von 263 Euro in Moskau errechnet. Ergibt Platz eins in Europa vor London (185 Euro).
Ab 800 Dollar pro Nacht Über allen thront das Moskauer Ritz mit seinen 334 Betten. Dort stauen sich Bentleys und schwarze Mercedes. Eine Nacht beginnt bei 800 bis 1000 Dollar, die Präsidentensuite ist für 16.000 zu haben, schusssicherer Speisesaal inbegriffen. "Demokratisch" sagt man in Russland, wenn man "erschwinglich" sagen will. Im Ritz verkehren die Sieger eines autoritären Systems.
Obwohl es "finanziell hier interessanter ist als in Österreich", ist Vorreiter "Demokrat" geblieben: "Der Platz hier ist für die Karriere und für die eigene Charakterbildung wichtig", erklärt er. Vorreiter meint den Kampf mit Unwägbarkeiten: Keine Garantie, dass immer alle Produkte in der nötigen Frische erhältlich sind; russische Mitarbeiter seien gut ausgebildet, aber am feinen Schliff mangle es.
Die Herausforderung: "Man muss sich selber besser organisieren." Seinem Familiennamen entsprechend versteht sich der Salzburger auch als Pionier neuer kulinarischer Maßstäbe. Schon bis jetzt gaben in Moskau - abgesehen vom Restaurantimperium des Gastronomiezaren Arkadi Nowikow - die Hotels den kulinarischen Ton an. Etwa das Marriott Royal Aurora und das Marriott Grand Hotel, wo ebenso Österreicher Chefköche sind.
Im Ritz selbst wird Vorreiter vom Österreicher Leo Tschernko unterstützt. Er zeichnet im Hotelrestaurant "Jeraboam" unter der Schirmherrschaft des deutschen Spitzenkochs Heinz Winkler für Fine Dining verantwortlich. Für Vorreiter, der seine Auslandskarriere in Jordanien begonnen hat, ist das Ritz nicht die erste Arbeitsstelle in Moskau. Zuvor war er eineinhalb Jahre im Hotel Baltschug Kempinski an der Kreml-Südseite stationiert. Wie bei der Skiausrüstung, so würden die Russen auch beim Essen glauben, dass das Teuerste immer das Beste sei. "Die Preise in Moskau sind gepfeffert." Und die russische Küche? "Ein Traum - allein, meist zu wenig gewürzt." (Eduard Steiner/Der Standard/Printausgabe/14.8.2007)