Foto: Astrid Weiss, ICT&S, Universität Salzburg
STANDARD: Frau Weiss, Sie haben Passanten auf dem Münchner Karlsplatz mit einem scheinbar autonomen Roboter konfrontiert. Wie haben die Menschen reagiert?

Weiss: Anfangs sammelte sich um den Roboter meist eine kleine Gruppe von Menschen, die ihn aus zwei Metern Entfernung beobachtete. Dann ging ein mutiger Passant in die Konfrontation, woraufhin oft auch die anderen einen Schritt näher kamen. Unsere Befragungen ergaben aber, dass die Menschen sich nicht bedroht fühlten, sondern interessiert und neugierig waren.

STANDARD: Gab es Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen?

Weiss: Es haben sowohl Männer als auch Frauen, Jüngere und Ältere mit dem Roboter interagiert. Diese Ausgewogenheit hat uns anfangs etwas erstaunt, da man bei Älteren und Frauen ja häufig von einer gewissen Technikskepsis ausgeht.

STANDARD: Welche Erkenntnisse konnten Sie gewinnen?

Weiss: Die Menschen haben Verhaltensmuster, die sie im Umgang mit Menschen gewohnt sind, auch auf den Roboter angewandt. Das entspricht dem Grundansatz der Akzeptanzforschung in der Robotik: Wenn die Maschine wie ein Mensch agiert, kann ich einfacher auf sie reagieren.

STANDARD: Welche Fähigkeiten sollten zukünftige Roboter besitzen?

Weiss: Sie sollten auf Gestik und Mimik reagieren, den Blickkontakt halten, Sprache verstehen. Wichtig ist auch das Aussehen: Wie technisch oder wie humanoid soll der Roboter letztlich sein? Tendenziell gilt, dass der Roboter menschenähnlich sein sollte, aber eben nicht zu sehr. Sobald man nicht mehr entscheiden kann, ob man nun Mensch oder Maschine vor sich hat, steigt die Angst ins Unermessliche. Es scheint auch unterschiedliche Präferenzen bei Männern und Frauen zu geben: In unseren Interviews zeigten wir den Passanten Bilder von einem humanoiden und einem eher maschinenbautypischen Roboter mit Greifarm. Frauen gaben an, dass sie lieber mit dem Humanoiden arbeiten würden, weil er ihnen sympathischer sei. Männer entschieden sich öfter für den Industrieroboter, wegen dessen Effizienz. Frauen nahmen den Roboter also eher als soziales Wesen wahr.

STANDARD: Warum ist die Akzeptanzforschung in der Robotik so wichtig?

Weiss: Der Einsatz von Robotern in einem Betrieb ist sehr kostspielig. Wenn sich dann die Mitarbeiter weigern, mit ihnen zu arbeiten, weil sie Angst haben oder sich mit der Bedienung überfordert fühlen, können Sie mit dem teuren Gerät nichts ausrichten. Ohne eine entsprechende Akzeptanz kann man keine produktive Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine realisieren.

STANDARD: Wo könnten interaktive Roboter in Zukunft arbeiten?

Weiss: Auf einer Baustelle könnten Roboter schwere Lasten tragen. Oder stellen Sie sich ein Erdbeben vor, bei dem Menschen verschüttet wurden. Hier könnte der Roboter in zerstörte Häuser vordringen, wenn es für menschliche Einsatzkräfte zu riskant wird. In der Weltraumforschung könnten Roboter Erkundungsgänge auf fremden Planeten übernehmen. (Tanja Krämer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 8. 2007)