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Aus gegebenem Anlass möchte ich die heutige Kolumne mit einer Schnurre aus längst vergangenen Tagen beginnen: Es war im Sommer 1977, als ich während meiner zweimonatigen Tätigkeit als "Separat-Wachmann" beim Münchener "Wach- und Sicherheits-Institut" ALL-SCHUTZ dazu abkommandiert wurde, ein AKW zu bewachen. Alleine daran sieht man schon, dass sich das Wort "All" nicht auf das Welt-All beziehen kann (das hätte ich auch nur in sehr beschränktem Ausmaß beschützen können), sondern offensichtlich auf "alle" Bereiche unseres Lebens. Man drückte mir also einen Revolver samt Patronen und Gürtel in die Hand, ließ mich unterschreiben, dass ich damit umgehen könne und schickte mich auf meine nächtlichen Kontrollrunden. Dass ich als Wehrdienstverweigerer keine Ahnung von der Bedienung von Schusswaffen hatte, war meinem Vorgesetzten egal. Er meinte lediglich, ich solle aufpassen, dass die Waffe nicht irrtümlich losgehe. Das war das eine Problem.

Das zweite Problem war, dass man mir zur Begleitung einen Wachhund mitgegeben hatte, und zwar einen wirklich scharfen Hund, also keinen Wastl oder Burli. Während ich also innerhalb des riesigen, umzäunten Areals nach AKW-Gegnern Ausschau hielt, merkte ich zu meiner Beunruhigung, dass der Hund immer lauter zu knurren begann und seinen Blick starr auf meine Beine gerichtet hielt. Nach einigen schweißtreibenden Minuten war es dann so weit, und ich spürte, wie sich der Wachhund für meinen rechten Unterschenkel entschieden hatte, wobei er allerdings nur so weit zubiss, dass für uns beide klar war, dass es für mich kein Entrinnen gab. Ab jetzt ging er mit mir sozusagen spazieren und bestimmte die Richtung und das Tempo. Kaum wollte ich schneller gehen, verstärkte er den Druck und dirigierte mich auf diese Weise dorthin, wohin er wollte.

Gerettet hat mich schließlich ein Rudel Kaninchen, das innerhalb des AKW-Geländes herumhopste und die Aufmerksamkeit meines Hundes erregte. Ich nutzte diesen Augenblick der Unachtsamkeit, befestigte die Leine an einem Laternenpfahl und rannte in die Zentrale, wo mich der Hundeführer zusammenstauchte, weil ich es verabsäumt hätte, durch Streicheln und Liebkosen ein Vertrauensverhältnis zum Hund aufzubauen. Ab diesem Zeitpunkt schob ich im AKW nur noch Innendienst und kontrollierte zum Beispiel die Türen zu jener riesigen Halle, in der mindestens tausend Katzen eingesperrt waren und apathisch vor sich hinstarrten. Nach einer Woche reichte es mir, und ich ließ mich zum Bayerischen Fernsehen versetzen, wo ich mich nach Sendeschluss einmal sogar mit Caroline Reiber in deren Garderobe unterhalten durfte. Das sind die Highlights im Leben eines Wachmanns. Ja, und wo ist jetzt der eingangs erwähnte "gegebene Anlass", werden Sie zu Recht fragen. Hier ist er schon: Jenes AKW, in dem ich damals meinen Nachtdienst versah - das AKW in Garching bei München -, wurde vor genau sieben Jahren, am 28. Juli 2000, abgeschaltet. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!

Erfreuliches gibt es aber auch von der Wiener Stadtverwaltung zu berichten, die im Zuge der "Aktion saubere Stadt" demnächst nicht nur 1000 neue Mistkübel aufstellen lässt, sondern auch eine schnelle Eingreiftruppe namens "Waste Watchers" losschickt, die alle sofort bestraft, die unsere schöne Stadt beschmutzen. Ausgenommen davon sind selbstverständlich Hundebesitzer, denn für diese sieht die Wiener Grünanlagenverordnung einen "Strafbarkeitsaufhebungstatbestand" vor, der freilich nicht für Kleinkinder gilt, die einen Löwenzahn pflücken, wofür deren Eltern mit einer Geldstrafe von 105 Euro belegt werden können. Details sind in der aktuellen Ausgabe der österreichischen Boulevardzeitung "Augustin" nachzulesen, für die hier ausdrücklich geworben wird. Und mit der Kantate BWV 179 des am 28. Juli 1750 verstorbenen Johann Sebastian Bach wollen wir diese Kolumne auch schon wieder beenden: "Siehe zu, dass deine Gottesfurcht nicht Heuchelei sei." Amen. (Kurt Palm /ALBUM/ DER STANDARD, Printausgabe, 28./29.07.2007)