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Eine Software soll Hilfen bieten wie ein Verkäufer im Musicstore.

Foto: AP/Seth Wenig
"Musikgeschmack ist ein emotionales Thema", meint Erich Gstrein. Der Projektleiter des Research Studios "Smart Agent Technologies (SAT)" hat gemeinsam mit seinem Team eine Software geschrieben, um Usern von Internetplattformen verschiedene Musikstücke zu empfehlen, die ihnen gefallen könnten. Die Software analysiert das Verhalten der Benutzer auf der Plattform und zieht so Rückschlüsse auf den Musikgeschmack.

Ein schwieriges Geschäft, so Gstrein: "Wenn ein Benutzer neu auf eine Seite kommt, weiß unsere Software ja noch gar nichts über ihn, und trotzdem müssen die Empfehlungen irgendwie passen." Daher gingen die Entwickler einen kleinen Umweg. Einerseits registriert die Software, nach welchen Liedern und welchen Künstlern ein Benutzer sucht, andererseits registriert sie sein Klickverhalten. Diese Art der Useranalyse ist nicht besonders aufregend, auch große Internetbuchhändler versuchen, den Geschmack der Kunden dadurch zu ergründen, dass sie ihn von der Software beobachten lassen.

Neu an der so genannten "Music Recommendation Lösung" ist, dass sie die Musikstücke einordnet - und zwar nach Ähnlichkeiten kategorisiert. Mit dieser Aufgabe wären Menschen überfordert, daher haben die Forscher einen mathematischen Ansatz entwickelt, der auf einer Fourier-Analyse des Frequenzspektrums basiert. Soll heißen: Aus Klavier- und Keyboard-Tönen werden Zahlen berechnet, die dafür stehen sollen, wie eine Komposition klingt.

Gstrein: "Das sind komplexe mathematische Modelle. Damit schauen wir nicht nach dem Rhythmus oder nach dem Genre, sondern eher danach, ob ein Lied dunkel oder hell klingt." Bis zu 180 Eigenschaften kann ein Stück nach diesem Modell haben; besitzen zwei Lieder die gleichen Eigenschaften, klingen sie als "ähnlich".

In einem weiteren Schritt werden dann noch Beziehungen unter den Musikinterpreten hergestellt, indem von einer Suchmaschine ständig verschiedene Web-Seiten ausgewertet werden, die Plattformen für Fans sind. Werden dort zwei Künstler von einem User hintereinander erwähnt, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie in einer engen Beziehung zueinander stehen, und das lässt Rückschlüsse auf das Musikgenre zu.

Selbstversuch am Prototyp

Ein Selbstversuch am Prototyp der Software: Madonna wird vom System als poppig und rockig eingestuft, Britney Spears hängt die Software ein Dance-Pop-Mascherl um, die Kaiser Chiefs fallen in die Schublade Indy-Rock. Den Madonna-Usern werden auch Lieder von George Michael empfohlen, wer nach "Lucky" von Britney Spears sucht, wird auf "It's my life" von No Doubt verwiesen. Klingt das aber ähnlich?

"Das funktioniert meistens recht gut", verteidigt Robert Mayer die Lösung, der die Entwicklung des Projekts beim SAT-Kunden 3United leitet. Bei den Benutzern kommen die Empfehlungen gut an. Immerhin, sagt Mayer, hätte Internet-Musikhändlern bislang eine wichtigen Eigenschaft gefehlt: "Sie können nicht den Verkäufer im Geschäft ersetzen. Genau diese Hilfe können wir nun leisten."

Wichtig findet Mayer, dass die Vorschläge der Software eher als Hinweis à la "Schauen Sie da mal rein" verstanden werden, und nicht so sehr als knallharte Fakten. Dann werden die Musikempfehlungen von den Benutzern auch akzeptiert. (jel/DER STANDARD, Printausgabe, 25. Juli 2007)