15 Millionen Euro sollen die Länder für mehr und bessere Betreuungsplätze für Kleinkinder bekommen - und selbst noch verdoppeln.

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Wien - Verhandelt haben sie zu dritt. In aller Früh. Dienstagmorgen, halb acht. Verkündet hat es eine allein. Eineinhalb Stunden später hatte man ausgeredet. Im Bundeskanzleramt gelangten 20 Milllionen Euro zur Verteilung. 20 Millionen, die das Etikett "Für Kinder" umgehängt bekamen.

Die Schnitte im Kuchen, den es zu verteilen gab, setzten der Hausherr, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SP), Frauenministerin Doris Bures (SP), "Untermieterin" im Bundeskanzleramt, und als "Gast" Familienministerin Andrea Kdolsky (VP), die aus der Radetzkystraße ins Haus am Ballhausplatz gekommen war. Der Kanzler ging nachher wieder regieren. Die schwarze Ministerin zog es schnell raus aus dem "roten" Haus.

Also war es an Frauenministerin Bures, zu verkünden, wie die 20 Millionen Euro, die die Regierung bei ihrer Klausur am 11. Juli in Eisenstadt zur Verbesserung der Kinderbetreuung und für Sprachförderung beschlossen hat, verteilt werden sollen. Fünf der 20 Millionen sind demnach reserviert für das verpflichtende Kindergartenjahr für Kinder mit Sprachdefiziten. Die anderen 15 Millionen Euro will der Bund in den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur für unter Dreijährige stecken. Das ist jener Bereich, in dem es in Österreich noch besondere Defizite gibt. Auch der von der EU angestrebte Wert von einem Drittel der unter Dreijährigen, die außerhäuslich betreut werden, ist noch außer Reichweite.

Einzig Wien hat schon zwei Drittel des EU-Richtwertes erreicht. Die Bundeshauptstadt ist auch jenes Bundesland, das das größte Stück vom Geldkuchen bekommen wird, denn als Verteilungsschlüssel wird die Zahl der Kinder unter drei im jeweiligen Land herangezogen, sagte Bures. Das sei "fair", weil dadurch nicht jene Bundesländer, die schon jetzt eine relativ gute Versorgung mit Kleinkinderplätzen geschafft haben, durch weniger Geld indirekt bestraft werden.

Ganztags kriegt mehr

Die Gießkanne kommt beim Geldregen auf die Länder nicht zum Einsatz. Es gibt genau abgestufte Fördersätze, je nach Qualität und Öffnungszeit der Betreuungsinstitution zwischen 1000 und 3000 Euro vom Bund pro Platz. Ganztagsplätze sind höher honoriert als Halbtagsbetreuung.

Der Erfolg der jetzt angestoßenen Offensive soll im Herbst 2008 durch eine "Kindergartenstatistik", die laut Bures jährlich veröffentlicht wird, kontrolliert werden. Wer die versprochene und vereinbarte Qualität nicht bietet, muss gegebenenfalls die Förderungen zurückzahlen.

Mit der Einigung auf Bundesebene ist aber erst die Hälfte des Kinderbetreuungs-Upgrades getan. Jetzt muss mit den Ländern verhandelt werden, die jeden Euro vom Bund verdoppeln und "ihre" 20 Millionen für Kinder auftreiben müssen. Fein großkoalitionär ist Bures für die roten Bundesländer und das orange Kärnten zuständig, Kdolsky soll in den schwarzen Ländern finanzielle Überzeugungsarbeit leisten.

Ein erster Standard-Rundruf in den Ländern am 12. Juli hatte bereits breites Interesse an dieser "Anschubfinanzierung" des Bundes gezeigt. Einzig Kärnten wollte das Bundesmodell "boykottieren". Landeshauptmann-Vize Gerhard Dörfler (BZÖ) forderte am Dienstag "endlich konkrete Verhandlungen des Bundes", zumal der Verteilungsschlüssel inakzeptabel sei. Kärnten biete schon jetzt das Gratis-Kindergartenjahr an. Salzburgs Gabi Burgstaller sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung nach sieben mageren Jahren in der Kinderbetreuung", die Arbeiterkammer sah "nur einen ersten Schritt".

Die Opposition hatte einiges zu bemäkeln an der Regierungseinigung. Die Grünen wollen genauere Förderkriterien, das BZÖ sieht in der Verdoppelung durch die Länder den potenziellen Grund "zum Scheitern". Die FPÖ vermutet ein Ablenkungsmanöver vom Kindergeld.

An dieser politischen Front gibt es keine Annäherung. "Man muss mit ihr noch weiter reden", sagte Bures. Ob Kdolsky mit sich reden lässt, ist offen. Am Dienstag redete sie - öffentlich - gar nicht. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe 25.07.2007)