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Der bulgarische Arzt Zdrawko Georgiew bei seiner Ankunft in Sofia.

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London/Sofia - Der bulgarische Arzt Zdrawko Georgiew, der am Dienstag gemeinsam mit seinem palästinensischen Kollegen und den fünf bulgarischen Krankenschwestern aus Libyen ausgeflogen wurde, hat in einem Interview mit der BBC die harschen Haftbedingungen und Folterungen in libyschen Gefängnissen geschildert. "Wir waren Geiseln - das ist die Wahrheit", so der 58jährige.

Georgiew war gemeinsam mit seiner Frau Kristiana Waltschewa (48), einer der fünf später zum Tod verurteilten Krankenschwestern, im Jahr 1991 nach Libyen gekommen, um dort zu arbeiten. 1999 war er gemeinsam mit den anderen unter dem Vorwurf festgenommen worden, absichtlich Kinder in einem libyschen Krankenhaus mit dem Aids-Virus angesteckt zu haben. Die Anschuldigungen gegen ihn waren zwar später fallen gelassen worden, Georgiew verbrachte allerdings fünf Jahre in Haft bevor er 2004 wegen "Währungsspekulation" verurteilt wurde. Dies bezeichnete der bulgarische Mediziner als "weitere Erfindung" der libyschen Behörden. Nach seiner Freilassung im selben Jahr wurde Georgiew die Ausreiseerlaubnis verweigert und so lebte er in der bulgarischen Botschaft in Tripolis.

"Salziges Wasser zu trinken"

Georgiew sagte in dem BBC-Interview, während seiner Haftzeit habe er "zwei Jahre im Schmutz gelebt" und nur "salziges Wasser zu trinken erhalten". In der rund zwei mal drei Meter großen Zelle hätten sich zeitweise bis zu acht Menschen befunden. "Selbst mit nur drei Männern war es furchtbar da drinnen", sagte er. "Zwei Jahre lang konnte ich mich nicht hinlegen und musste im Sitzen schlafen." Im Sommer sei es so heiß gewesen, dass Häftlinge ohnmächtig wurden.

Er habe nie einen Europäer in der Haftanstalt gesehen, seine Mithäftlinge seien Mörder und Drogenhändler aus ganz Afrika gewesen. Georgiew beklagte, dass er von den Wärtern geschlagen wurde und dabei vier Zähne verlor. Das sei aber "nichts gegen die Elektroschocks gewesen, die die Krankenschwestern erhielten". Die libyschen Polizisten "folterten sie und behandelten sie wie Tiere - tatsächlich würde man nicht einmal Tiere so behandeln".

"Gedemütigt"

"Die libysche Regierung hat uns gekidnappt, weil sie wusste, dass Bulgarien damals schwach war", sagte Georgiew, der auch seiner Regierung vorwirft, zu lange mit ihrem Einsatz für die Krankenschwestern gewartet zu haben. Geändert habe sich erst etwas, als Bulgarien durch den EU-Beitritt die Macht der Union hinter sich spürte. "Wir fühlen uns elend. Wir wurden gedemütigt. Wir sind unschuldig und wurden acht Jahre lang sehr schlecht behandelt", so der bulgarische Arzt, der aber keinen Groll gegen die libysche Bevölkerung hegt. Die libyschen Menschen "glaubten diese dummen Anschuldigungen nicht" und seien "sehr gut" zu ihm gewesen. (APA)