Die Hochzeit als Poolparty: Ganz egal wie viele Gäste geladen sind, die drei Pools im Amathus Beach Hotel bieten genügend Platz.

Foto: Amathus Beach Hotel

Der Stand von Agia Napa.

Foto: Tourismus Zypern

Die Klosteranlage in Agia Napa.

Foto: Tourismus Zypern

Die Promenade in Lemesos an der Südküste, die nach der Hauptstadt Lefkosia die zweitgrößte Stadt der Republik ist.

Foto: Tourismus Zypern

Die Küste von Pissouri, einer kleinen Ortschaft zwischen Limassol und Paphos.

Foto: Tourismus Zypern

"Hi lads where are you from? Switzerland?", fragt der bullige Typ mit britischem Akzent eine Gruppe vorbeischlendernder Jugendlicher. Er gibt sich redlich Mühe, Kundschaft für "seinen" Club zu keilen. Als er es endlich schafft, die Burschen mit dem Versprechen etlicher Freigetränke zum Eintritt zu bewegen, atmet er erleichtert auf.

Eine Szene, die sich hier, im Vergnügungsviertel von Agia Napa, einem touristischen Hotspot im Südosten Zyperns, häufiger abspielt. Denn die Konkurrenz ist groß: Unzählige Bars und Clubs reihen sich aneinander. Massen von jungen Menschen – zum überwiegenden Teil britischer Provenienz – lassen sich durch diesen Cocktail aus Neonlicht, Alkohol und ohrenbetäubender Musikfetzen treiben.

Ein Weg zum wild wuchernden Vergnügen führt ausgerechnet durch das mittelalterliche Kloster "Unserer Lieben Frau der Wälder", das im Ortskern liegt und von hohen Mauern umgeben wird. Der Legende nach soll ein Jäger einst eine Ikone der Jungfrau Maria in einer Höhle entdeckt haben. Christen hatten sie dort im achten oder neunten Jahrhundert versteckt. Die abgelegene Höhle wurde daraufhin zum Heiligtum erklärt und diente christlich-orthodoxen Pilgern als Gedenkstätte. Unter venezianischer Herrschaft erfolgte der Ausbau des Klosters. Es wurde schließlich das Herz des Fischerdorfes Agia Napa.

Von der dörflichen Struktur ist nicht mehr viel zu bemerken. Nach der Besetzung Nordzyperns durch die Türkei im Jahre 1974 wurde der Ort zu einem touristischen Zentrum ausgebaut, mit allem was dazugehört: Hotels, Supermärkte, Autoverleihfirmen, Tavernen etc. Es trat an die Stelle der einst blühenden Stadt Famagusta, die etwas nördlicher liegt und von der Türkei besetzt ist. Der größte Teil der einheimischen Bevölkerung wohnt außerhalb und hat ehemalige Wohnhäuser zu Geschäften umgebaut. Eines der letzten noch authentischen Gebäude ist ironischerweise das Tourismusbüro.

Eine ähnliche Entwicklung nahm die an der Südküste gelegene Stadt Lemesos (Limassol), deren rascher wirtschaftlicher Aufstieg auch unmittelbar mit den Ereignissen von 1974 zusammenhängt. Sie ist heute, nach der Hauptstadt Lefkosia (Nikosia), mit über 170.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Republik. Die Mitte der 1970er-Jahre einsetzende Bautätigkeit führte zu jener Küstenlinie, die fast zur Gänze mit Vier- und Fünf-Sterne-Hotels bewehrt ist.

Der Pope, der in seinem traditionellen Aufzug, mit schwarzen Gewändern und langem, weißem Rauschebart, in der Lobby eines dieser Luxushotels ein bisschen deplatziert wirken mag, gehört dabei dennoch bereits zum fixen Inventar. Der Grund seines Auftritts im Amathus Beach Hotel: Die Einheimischen nutzen das reiche Hotelangebot vor allem, um hier zum Hochzeitsempfang zu laden. Von der Bar aus lässt sich das Treiben – die Festlichkeiten finden zumeist rund um den zentralen Swimmingpool statt – bei einem Brandy Sour, dem Nationallongdrink der Zyprioten, mit Respektabstand beobachten.

Fackeln und Kerzen werfen ihren Schein auf die Szene und während im Hintergrund das Meer rauscht, schiebt sich eine nicht enden wollende Menschenschlange um das Schwimmbecken in Richtung Brautpaar; das sich in einem weißen Pavillon auf einem Podest präsentieren muss, um jenen Briefumschlag in Empfang zu nehmen, dessen Inhalt nur unschwer zu erraten ist.

Kreditgesellschaft

Bis zu fünftausend Personen kann so eine Hochzeitsgesellschaft umfassen, erklärt man dem staunenden Mitteleuropäer. Jeder der Gäste bringt – je nach Bekanntschaftsgrad – ein kleines oder großes Geldgeschenk mit, den zinsenlosen Startkredit ins neue Leben für die jungen Eheleute. Traditionell werden möglichst viele Hochzeitsgäste persönlich eingeladen – alles andere wäre eine Beleidigung und so gesehen wohl auch wirtschaftlich unvernünftig. Die Vorbereitungen können schon einmal ein Jahr oder mehr in Anspruch nehmen.

Zahlreiche Hotels, so etwa das Intercontinental Aphrodite Hills Resort in Kouklia, das seine Tore 2005 öffnete, haben erkannt, dass sich diese "Weddingpackages" auch erfolgreich auf internationale Gäste anwenden lassen. So ganz unpassend liegt das Haus ja nicht auf jenem Hochplateau, von dem man die Stelle Strand überblickt, an der angeblich Aphrodite, die Göttin der Liebe, die Insel betreten hat.

Vor der Hochzeit lümmeln Braut und Bräutigam im Spa herum, Wedding Planner kümmern sich derweil um das Arrangement – man munkelt, einige Paare wären deshalb schon zu spät zur eigenen Hochzeit erschienen. Gefährdet sind auch zu Vermählende, die Golf spielen. Wahrscheinlich steckt das Paar wieder einmal bei Loch 13 des hauseigenen Platzes fest. Hier gilt es, eine rund hundert Meter breite Schlucht mit steil abfallenden Wänden zu überwinden. Eine letzte sportliche Herausforderung vor der ehelichen sozusagen und hoffentlich der letzte Abgrund. (Markus Böhm/Der Standard/Printausgabe/21./22.07.2007)