Kurden wollen Kuras
Dudullu ist längst kein Slum mehr, sondern eine Ansammlung billiger Apartmenthäuser um einen zentralen Platz herum, auf dem als Ausdruck der ästhetischen Verfeinerung des Viertels eine Plastikpalme steht, doch das Viertel gehört immer noch zu den ärmsten der Stadt. Viele der Bewohner sind aus dem kurdischen Osten nach Istanbul gekommen. Ufuk Uras kann hier, allen kulturellen Unterschieden zum Trotz, durchaus mit einigen Stimmen rechnen, weil die kurdische DTP hier auf einen eigenen Kandidaten verzichtet hat und ihre Anhänger dazu aufruft, Uras zu wählen. Mit dieser Entscheidung dürfte der Professor, der eigentlich Vorsitzender der links-grünen ÖDP ist, bereits die Hälfte der 65.000 Stimmen, die er für den Einzug ins Parlament braucht, sicher haben.
Minderheiten: Hauptthema
Die Minderheiten des Landes sind auch das Hauptthema des unabhängigen linken Kandidaten, Baskin Oran. Als Politikwissenschafter publiziert er seit Jahren über Minderheiten und Nationalismus, im letzten Jahr gehörte er zu den Intellektuellen, die wegen Beleidigung des Türkentums angeklagt wurden. Bekannt wurde er aber bereits ein Jahr zuvor, als er im Auftrag der Regierung einen Bericht über die Situation der Minderheiten vorlegte, für den er von den Nationalisten massiv angegriffen wurde und dessen Empfehlungen Premier Recep Tayyip Erdogan fallen ließ wie eine heiße Kartoffel. Baskin Oran besucht die Prinzeninsel Kinalli, auf der viele Armenier leben, die ihn begeistert begrüßen. Ein kleiner Demonstrationszug formiert sich, die Leute stehen auf den Balkonen und klatschen, Bakin Oran ist hier ein Held. Er selbst hat erzählt, dass ihn die Ermordung des armenischen Journalisten Hrant Dink, mit dem er eng befreundet war, letztlich zu seiner Kandidatur bewogen hat.