Sieben Fahrstunden sind es bei gutem Tempo von Armeniens Hauptstadt Eriwan nach Stepanakert. Die letzten 40 Kilometer Straße winden sich durch den Fels wie mit dem Spaten ausgestochen. Dann liegt das Niemandsland schon hinter dem Besucher, das leer geräumte Gebiet vor dem Eingang zu Berg-Karabach, das armenische Truppen den Aserbaidschanern entrissen hatten. Nein, sie komme hier nie her-aus, sagt die junge Frau leise. "Ich bin immer hier, jeden Tag, jede Woche."
Politischen Sackgassen
Die sanfte Stimme hinter dem Rezeptionstisch hat sich dem eintönigen Leben ergeben, das Stepanakert über seine Bewohner ergießt. Der Weg in die Hauptstadt der autonomen Republik Berg-Karabach, die sich schon mehrfach feierlich für unabhängig erklärt hat, aber international nicht anerkannt wird, ist eine der politischen Sackgassen im Kaukasus. Kein offizieller Postweg, kein einfaches Telefongespräch, die Welt kommt aus dem Fernseher.
Gohar, so soll die junge Frau heißen, hat es erfahren. Elf Jahre ist es her, dass sie mit ihren Eltern aus Karatschai-Tscherkessien, einer anderen, dieses Mal russischen, Kaukasusrepublik, zurück nach Stepanakert kam. Der Krieg war gerade aus. Jetzt nennt Gohar ihren Chef, einen feisten Mann mit dem wiegend-schweren Gang der Bauern, "Herr Direktor".
Plünderungen
Drei kleine Hotels hat der "Herr Direktor" nach und nach auf seinem Grundstück hochgezogen, das jüngste ist erst seit einem Monat offen. Wenn auch sonst Krieg und Plünderungen ihre Spuren in den Dörfern von Karabach hinterlassen haben: In Stepanakert wird wie besessen gebaut. Neue Restaurants, neue Geschäfte, ein neues Parlament, als ob sich die Vergangenheit eines gemeinsamen Lebens zwischen Armeniern und Aserbaidschanern, zwischen Christen und Muslimen in der früheren Sowjetrepublik damit auslöschen ließe.
"Haroshi perspektivi", sagt der Vizeaußenminister, "gute Aussichten" für die Zukunft der Republik, nicht nur der Touristen wegen, die nun kommen und sich einen exotischen Urlaub in den Bergen leisten. Dann gibt es noch die neue Konservenfabrik, die Gold- und die Kupferminen. Masis Mailyan zieht vorsichtig zwei Bildbände aus dem Büroregal. Schloss Schönbrunn und Ansichten von Prater und Hofreitschule - sein Andenken an neun Monate Studienaufenthalt bei der Diplomatischen Akademie Ende der 90er-Jahre. In Wien auch, am Sitz der OSZE, wird der Konflikt um die Enklave Berg-Karabach seit bald 15 Jahren hin- und hergewendet.
Sicherheitssystem
Werden die Aserbaidschaner eines Tages wieder zurückkommen können? "Nur wenn die Republik international anerkannt wird", sagt Karen Ohanyanjan, "und ich bin der liberalste Mensch in Karabach. Die Anerkennung erlaubt uns, ein politisches Sicherheitssystem zu schaffen."
Ohanyanjan, Enkel des Zaristen-Obersts Daniel Bek Pirumov, der den Türken 1918 in der Schlacht von Sardarapat in Westarmenien, mag die Demokratisierungsversuche in der Minirepublik als bestenfalls halbherzig kritisieren - was die äußere Lage betrifft, liegt er ziemlich auf Linie mit dem Präsidenten.
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