Sergej Rudakow, Chef des Flughafens Moskau Domodedowo

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STANDARD: Was ist für Sie wertvoller? Der Wechsel der Austrian Airlines im Februar vom Konkurrenzflughafen Scheremetjewo zu Ihrem Airport oder der jüngste Entschluss der Lufthansa, Selbiges zu tun?

Rudakow: Wir reden gegenwärtig mit 13 Fluglinien, ob diese ebenfalls Dienste nach Domodedowo (DME) aufnehmen. Wir haben heuer neben der AUA etwa auch FlyNiki bekommen oder Clickair aus Spanien. Aber Lufthansa hat eine dominante Position in Russland, und ich glaube, die Lufthansa ist die wichtigste ausländische Fluglinie im Land. Deren Wechsel (Scheremetjewo verliert dadurch 250.000 Passagiere pro Jahr an DME, Anm.) bringt eine große Veränderung für die Moskauer Flughäfen mit sich.

STANDARD: Ist Moskau heute eine der wichtigsten Märkte für die zivile Luftfahrt?

Rudakow: Moskau wird immer wichtiger in der Luftfahrt. 80 Prozent aller Passagiere Russlands sind hier. Scheremetjewo hat rund 14 Millionen Passagiere pro Jahr, Wnukowo sieben Millionen, und wir werden heuer 18 Millionen abfertigen. Es ist damit zu rechnen, dass alle drei Flughäfen in den nächsten drei Jahren insgesamt 15 Millionen zusätzliche Passagiere bekommen. Also es gibt genügend Geschäft für alle. Aber die Konkurrenz wird zwischen jenen Flughäfen ausgetragen, wo sich die Allianzen der Fluglinien befinden und der Passagier bequem umsteigen kann. Nach Moskau folgen an Wichtigkeit die Flughäfen von St. Petersburg, Sotschi und Krasnojarsk. Die Olympia-Entscheidung für Sotschi wird uns beim Wachstum sehr viel helfen.

STANDARD: Da nun bald alle Star-Alliance-Gesellschaften wie AUA und Lufthansa in Domodedowo sind: Wollen Sie weitere Allianzen anlocken?

Rudakow: Wir wollen alle Fluglinien von Oneworld hier haben. British Airways ist schon bei uns, ebenso Iberia oder Royal Jordanien.

STANDARD: Wird Domodedowo – vor einigen Jahren, wenn überhaupt, nur als Provinzflughafen bekannt – weiter enorm wachsen?

Rudakow: Wir werden heuer 21 Prozent Passagierwachstum haben. In Europa liegt dieser Schnitt gerade einmal bei bis zu sechs Prozent (Wien lag mit plus neun Prozent im Halbjahr deutlich darüber, Anm.). DME befindet sich zurzeit punkto Passagieraufkommen an 21. Stelle unter den europäischen Flughäfen. 2015 können wir die fünfte Position auf der Hitliste erreichen, dann planen wir nämlich, 40 Millionen Passagiere abzufertigen. Wir rechnen mit 2,4 Millionen zusätzlichen Passagieren nächstes Jahr. Langfristig wird unser Wachstum bei ungefähr zehn Prozent jährlich sein.

STANDARD: Können Sie bei diesen Steigerung überhaupt die Qualität halten?

Rudakow: Wir haben in den vergangenen drei Jahren 240 Millionen US-Dollar investiert und dazu immer unser eigenes Geld verwendet. Wir wissen aber auch: Wenn wir unsere Position international halten wollen, müssen wir mehr investieren. Somit müssen wir uns mit Financial Investments beschäftigen. Aber wir wollen nur Geld haben, das wir auch für den Ausbau verwenden können.

STANDARD: Umgekehrt: Wollen Sie sich an irgendeinem Flughafen beteiligen, zum Beispiel an Wien?

Rudakow: Wir haben lange darüber diskutiert und sind zu folgendem Entschluss gekommen: Warum sollen wir zum Beispiel in Wladiwostok investieren, wo man dadurch vielleicht 100.000 zusätzliche Passagiere gewinnt, wenn wir mit demselben Geld in DME zwei Millionen Fluggäste mehr bekommen. Wir haben in Moskau genügend zu tun. (Kurt Hofmann, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.7.2007)