Wien – 1927 brannte der Justizpalast, weil Laienrichter einen Freispruch gefällt hatten. Die Geschworenengerichtsbarkeit ist auch heute nicht unumstritten, jedes Jahr werden einige der rund 300 gefällten Wahrsprüche von Geschworenen wegen Irrtums ausgesetzt – meist, wenn das Urteil milde ausfiel.

Kontrolle für Berufsrichter

Für Roland Miklau, pensionierter Sektionschef im Justizministerium, ist die Zeit der Urteile von Bürgern über Bürger ebenfalls abgelaufen – wenngleich es noch mehrere Jahre dauern wird, bis die Politik das umsetzt, wie er in seinem Referat beim Symposium anlässlich des 80. Jahrestages des Justizpalastbrandes ausführte. Beide Seiten, Verteidiger und Gegner der Geschworenengerichtsbarkeit, hätten relevante Argumente, konzediert der Jurist. Denn natürlich sei die unmittelbare Teilnahme der Bevölkerung ein Ausdruck partizipatorischer Demokratie – nicht umsonst sei in Spanien und Russland diese Art der Rechtsprechung erst nach der Überwindung totalitärer Systeme installiert worden. Auch der Standpunkt, durch die Teilnahme von Laien könnten Berufsrichter kontrolliert und dem "Volkswillen" zum Durchbruch verholfen werden, ist nicht von der Hand zu weisen.

Für Miklau wiegen die Nachteile dennoch schwerer: Geschworene seien oft vom Ablauf des Prozesses überfordert, durch die Medien beeinflusst und ließen sich bei ihren Entscheidungen nicht vom Gesetz, sondern von Emotionen leiten. Was in Großbritannien und den USA gewünscht, in Österreich aus Miklaus Sicht aber verfassungswidrig ist. In Zeiten wachsender Arbeitsteilung und Spezialisierung werde sich die Sache aber lösen:_Die Bevölkerung werde auch im Rechtsbereich den Einsatz von Experten verlangen, ist Miklau überzeugt. (Michael Möseneder/ DER STANDARD Printausgabe 12.7.2007)