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Verwandte der Angeklagten bei einer Demonstration im Februar.

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Laut Obersten Gericht heißt es die Todesstrafe für die fünf bulgarischen Krankenschwester und den palästinensischen Arzt.

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Tripolis - Das Oberste Gericht in Libyen hat in einem international umstrittenen Aids-Prozess die Todesstrafe für fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensisch-bulgarischen Arzt am Mittwoch bestätigt. "Das Gericht hat entschieden, der Berufung der Angeklagten nicht stattzugeben, und bestätigt die Todesstrafe für sie", sagte Gerichtspräsident Fathi Dahan. Die letzte Chance für die Verurteilten besteht nun in einer mit den Familien der Opfer erreichten Entschädigungseinigung: Auf deren Grundlage kann der Oberste Richterrat Libyens die Todesstrafe in eine Haftstrafe umwandeln. Das Gremium tritt nach Angaben des Außenministeriums in Tripolis am Montag (16. Juli) zusammen.

Das Oberste Gericht tagte in Abwesenheit der Beschuldigten; die Sitzung dauerte lediglich fünf Minuten. Bei der Verhandlung am 20. Juni hatte die Staatsanwaltschaft eine Bestätigung der Todesstrafe für die im Mai 2004 Verurteilten gefordert. Die Krankenschwestern und der Arzt waren für schuldig befunden worden, in einem Krankenhaus in Benghazi 438 libysche Kinder absichtlich mit dem HI-Virus infiziert zu haben. 56 Kinder starben inzwischen an Aids. Die Verurteilten hatten wiederholt ihre Unschuld beteuert und die Aids-Infektionen auf die schlechten hygienischen Zustände in dem Krankenhaus zurückgeführt.

Einigung mit Familien der Opfer

Die Gaddafi-Stiftung hatte am Dienstag - wenige Stunden vor der juristischen Entscheidung - bekannt gegeben, dass die Familien der Opfer Entschädigungszahlungen akzeptiert hätten. Der Kompromiss werde alle Seiten zufrieden stellen und die Krise beenden. Der libysche Außenminister Abdel Rahmen Shalgham bestätigte am Mittwoch, dass eine Einigung erzielt wurde. "Der Oberste Richterrat ist berechtigt, diese Vereinbarung zu berücksichtigen", sagte er. Dem Rat, einem politischen Gremium unter dem Vorsitz des Justizministers, obliege es, das Todesurteil zu annullieren oder zu bestätigen.

Sollte die Todesstrafe in Haftstrafen umgewandelt werden, könnten die Krankenschwestern und der Arzt, der aus Palästina stammt, aber auch die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzt, diese in Bulgarien verbüßen. Zwischen Libyen und Bulgarien besteht ein Auslieferungsabkommen.

Der Ehemann einer der Krankenschwestern äußerte sich zuversichtlich über eine baldige Rückkehr der Festgehaltenen. Wirklich daran glauben werde er jedoch erst, wenn er die Krankenschwestern nach Bulgarien fahren sehe, sagte Sdrawko Georgijew, der selbst Arzt ist und zunächst zusammen mit den Krankenschwestern 1999 inhaftiert worden war, dem bulgarischen Fernsehen in Tripolis. Georgijew wurde 2004 freigelassen und wartet seitdem auf eine Ausreisegenehmigung, um Libyen verlassen zu können.

Libyen deutet politische Lösung an

Der libysche Außenminister Abdul Rahman Shalkam deutete indess eine politische Lösung des Streitfalls an. Der nun zuständige Richterrat werde bei seiner Sitzung am kommenden Montag nicht nur juristische Aspekte des Falles berücksichtigen, sondern auch "humanitäre Fragen", sagte er am Mittwoch.

EU traurig über Bestätigung des Todesurteils

Der portugiesische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident José Socrates reagierte mit "Traurigkeit" auf die Bestätigung des Todesurteils und versicherte zugleich, die Europäische Union werde sich weiter um eine Lösung für den Fall bemühen. Der EU-Vorsitz diskutiere darüber mit der Regierung in Tripolis.

Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sicherte den Krankenschwestern und dem Arzt die Solidarität der EU zu. Die Union werde "alles in ihrer Macht Stehende" tun, um das Leben der Verurteilten zu schützen. Er sei zuversichtlich, dass dies gelingen werde, sagte Barroso vor dem Europaparlament. Die EU hatte sich mehrfach gegen Entschädigungszahlungen ausgesprochen, da die Krankenschwestern und der Arzt unschuldig seien.

Frattini hegt kaum noch Hoffnung

Sehr skeptisch zeigte sich hingegen EU-Justizkommissar Franco Frattini. Er hege keine Hoffnung mehr. "In diesem Moment sehe ich keine positive Lösung", sagte Frattini am Mittwoch in Brüssel. Er selbst habe nicht mit einer solchen Entscheidung des Höchstgerichts gerechnet. "Jetzt wir die Situation noch schwieriger, sagte Frattini. Das Todesurteil gegen die Betroffenen sei "inakzeptabel".

EU-Außenkommissarin bedauerte die Bestätigung des Todesurteiles "zutiefst". Gleichzeitig erklärte Ferrero-Waldner, sie erwarte weitere Details der "positiven Ankündigung", wonach nach Angaben der Gaddafi-Stiftung eine Einigung mit den Familien der Opfer erzielt worden sei. Der bulgarische Staatspräsident Georgi Parwanow zeigte sich indirekt ebenfalls optimistisch, indem er eine rasche letztinstanzliche Entscheidung des Obersten Justizrates forderte. Somit könnte die Affäre letztlich politisch und nicht juristisch gelöst werden. (APA/AFP/dpa/Reuters/AP)