Bild nicht mehr verfügbar.

Die Regierungsbeteiligung von Andrzej Lepper war von Anfang an umstritten. Bereits vor einem Jahr ging man in Warschau deswegen auf die Straße.

Fotos: Reuters

Bild nicht mehr verfügbar.

Nun wollte Premier Jaroslaw Kaczyñski die Allianz beenden, doch noch hält sie.

Foto: EPA
Die polnische Regierungskrise dürfte vorerst doch nicht zu vorgezogenen Neuwahlen führen. Die populistische Bauernpartei Samoobrona werde die Koalition unter bestimmten Bedingungen nicht verlassen, erklärte deren Vorsitzender Andrzej Lepper.

* * *

Das Spiel "Wie löse ich eine Regierung auf?" kennen die Polen schon. Als Premier Jaroslaw Kaczynski Montagabend überraschend Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper entließ, griffen die Oppositionsführer routiniert in die Schubladen. Einen Beweis für die Korruptionsvorwürfe gegen Lepper konnte Kaczynski zwar nicht vorlegen, doch die Koalition zwischen der national-konservativen Recht und Gerechtigkeit und der populistischen Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidigung) schien damit – wieder einmal – am Ende.

Vor knapp einem Jahr hatte Kaczynski schon einmal Lepper gefeuert. Damals, weil Lepper dem Haushaltsbudget nicht zustimmen wollte. Am Ende musste Kaczynski ihn wieder in die Regierung aufnehmen, da keine andere Partei mit der PiS zusammengehen wollte.

Bruch schien endgültig

Diesmal aber schien der Bruch endgültig zu sein. Es gehe um mehrere Millionen Zloty (einige Millionen Euro) Schmiergeld, die ein Beamter im Landwirtschaftsministerium für die Umschreibung von landwirtschaftlich genutztem Land in Bauland gefordert habe, verriet Kaczynski. „Lepper gehört zum Kreis der Verdächtigen.“ Dieser beteuert seine Unschuld, drohte zunächst: „In diese Regierung kehre ich nicht mehr zurück. Das ist das Ende der Koalition“, lenkte dann aber ein: „Wir bleiben unter Vorbehalt in der Koalition.“ Bis Freitag müsse ein Beweis für Verstrickung Leppers in den Korruptionsskandal vorgelegt werden. Da hatte Wojciech Olejniczak vom Bündnis der Demokratischen Linken (SLD)schon routiniert den Antrag auf Selbstauflösung des Sejms gestellt. Dies würde Neuwahlen noch in diesem Jahr ermöglichen. Regulär würde erst im Herbst 2009 gewählt werden. Für die Annahme des Antrags wäre allerdings eine Zweidrittelmehrheit der 460 Abgeordneten erforderlich. Erfahrungsgemäß ist sie im polnischen Sejm nur schwer zu erreichen.

Sommerpause

Donald Tusk von der liberalen Bürgerplattform (PO), der größten Oppositionspartei stellte gleich 19 Misstrauensanträge. „Wir werden über jeden Minister einzeln abstimmen“, erklärte Tusk. „Auch so kann man eine Regierung stürzen. Wenn die gesamte Opposition mitzieht, gibt es im Herbst Neuwahlen“. Noch ist nicht sicher, wann über die Misstrauensanträge abgestimmt wird, da die gestrige Sejmsitzung die letzte vor der Sommerpause war. Diese dauert bis zum 22. August.

Vor Neuwahlen fürchten sich nur die Vorsitzenden der beiden bisherigen Kaolitionsparteien der PiS, Andrzej Lepper von der Bauernpartei Samoobrona und Roman Giertych von der rechtsradikalen Liga der polnischen Familien (LPR). Umfragen zufolge würden die bisher führenden Parteien, die PO und die PiS wieder mit jeweils rund 25 Prozent in den Sejm einziehen.

Unter 12 Prozent

Der bisher noch außerparlamentarische Parteienzusammenschluss der Linken und der Demokraten LiD käme auf 12 Prozent. Und sogar die Samoobrona, die in den letzten Monaten regelmäßig unter der 5-Prozent-Hürde landete, könnte es gerade noch einmal schaffen. Sollten allerdings Abgeordnete zur PiS wechseln, würde dies das Ende der Samoobrona im Sejm bedeuten. Keine Chance auf einen Wiedereinzug in den Sejm hat Giertychs LPR. Für sie wollen den Umfragen zufolge gerade mal 2 Prozent der Wähler stimmen. (Gabriele Lesser aus Warschau, DER STANDARD, Printausgabe 11.7.2007)