In diese Ausdruckssuche schleust sich Touzé – schick frontal im rosafärbigen Anzug – ein.

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Loïc Touzé bringt scheinbar Gegensätzliches unter einen Hut. Der Bretone war in den 80er-Jahren Solist an der Pariser Oper und ging damit die volle Verpflichtung zum klassischen Repertoire ein. Zuletzt aber hat er fünf Jahre lang die experimentierfreudigen, auf transdisziplinärer Arbeit gründenden und ziemlich gut beleumundeten Ateliers d’Aubervilliers in Paris geleitet. Dazwischen war er Tänzer u. a. bei Mathilde Monnier; mit Latifa Laâbissi gründete er die bis heute existierende Compagnie 391 in Rennes.

Dabei hat immer wieder seine Affinität zur Neuen Musik Niederschlag gefunden. Mit dem renommierten Saxofonisten Claude Delangle gastiert Touzé im Semper Depot, auf den Spuren des italienischen Komponisten Luciano Berio (1925–2003): In Elucidation (Aufklärung, Erhellung) tanzt Touzé zu dessen Sequenza 7b und 9b. Berio hat in seinem sukzessive zwischen den späten 50er- und der Mitte der 90er-Jahre entstandenen Werkzyklus neue Ausdrucks- und Ordnungsprinzipien erprobt. Die Suche nach neuen, unverbrauchten Spielpraktiken kennzeichnet das Werk.

In diese Ausdruckssuche schleust sich Touzé – frontal im schicken rosafärbigen Anzug – mit ein und lotet kontrapunktische wie harmonische Positionen aus. In Elucidation ist die Musik also keineswegs Taktgeber des Tanzes. Berio hat seinen Sequenzen Lyrik von Edoardo Sanguineti beigestellt. Da heißt es: "meine fragile Form, du bist unbeständig und unbeweglich: / du bist es, jenes mein zerbrochenes Fraktal, das zurückkehrt und das zittert". So weit der Subtext. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD/Printausgabe, 10.07.2007)