Wien - Die ÖBB bemühen sich wirklich, zum kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen zu mutieren. Bedauerlicherweise werden manche Mitarbeiter dabei vom Tempo überrascht, wie Martin W. jüngst feststellen musste.

Der Wiener Fotograf wollte dringend Computerteile im Wert von 1800 Euro mit dem Zug nach Graz befördern lassen - und nutzte den Service des im Internet beworbenen Bahn-Kurierpaketes. Für 29 Euro, wird dort versprochen, nehmen die Zugbegleiter Sendungen mit. Abgeben kann man sie direkt beim Schaffner oder am Schalter, der Empfänger kann das Packerl am Bahnsteig wieder abholen.

"Nicht im System"

Klingt gut und funktioniere auch so, wurde Herrn W. im ÖBB-Callcenter, das er sicherheitshalber kontaktiert hatte, versprochen. Der von W. engagierte Botendienst machte am Südbahnhof eine andere Erfahrung. Bei jedem der vier besuchten Schalter beschied man ihm, eine Buchung sei nicht möglich, da der Dienst "nicht im System" sei. Er solle sich direkt an den Zugbegleiter, der eine Stunde später erwartet wurde, wenden.

Der Bote wartete, sprach mit dem Zugbegleiter und wurde abgewiesen. Ohne Aufgabeschein gehe gar nichts. Diesen gäbe es - richtig, am Schalter. Einige Schreiduelle später erklärte sich ein jüngerer Zugbegleiter unbürokratisch bereit, die Ware doch mitzunehmen. Insgesamt war der Bote fast drei Stunden beschäftigt und präsentierte Herrn W. eine saftige Rechnung.

Auf dessen Beschwerde antwortete ÖBB-Vorstandssprecher Martin Huber persönlich. Und bedauerte das Missverständnis: Denn der Kurierdienst gelte nur für Direktverbindungen, nach Graz müsse man aber umsteigen. Mit den spendierten Reisegutscheinen kann Herr W. übrigens das nächste Mal persönlich nach Graz fahren. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe, 7./8.7.2007)