Wien - Als "vernünftigen Kompromiss" hat Bundeskanzler
Alfred Gusenbauer im Nationalrat das Ergebnis des Europäischen
Rates in Brüssel vor zwei Wochen bezeichnet. Das Ziel, die Substanz
der EU-Verfassung in den Reformvertrag herüberzuretten, wurde dabei
erreicht, berichtete der Kanzler am Freitag von dem Gipfel.
"Änderungen" bei Vertragswerk habe es lediglich beim geplanten
Zeitrahmen der Umsetzung und bei den Symbolen gegeben, betonte
Gusenbauer. "Europa segelt auf Kurs", ist auch Außenministerin Ursula
Plassnik überzeugt.
Bei den Verhandlungen zu einer gemeinsamen Verfassung war vor allem
die Reform der Abstimmungsverfahren heftig umkämpft gewesen. Diese
wurde schließlich auf 2014 verschoben. Erst mit 1. November 2014 soll
das Prinzip der doppelten Mehrheit eingeführt werden; bis Ende März
2017 können einzelne EU-Staaten zudem beantragen, die Entscheidung
nach den Regeln des bisher gültigen Abstimmungsverfahrens zu
überprüfen. Danach können Gegner eines Beschlusses unter bestimmten
Bedingungen eine Verlängerung der Verhandlungen einfordern.
Gusenbauer lobt
"Eine äußerst komplizierte Angelegenheit" seien die Verhandlungen
in Brüssel gewesen, berichtete der Kanzler. Natürlich habe es einige
Zugeständnisse an die "schwierigen Verhandlungspartner Polen
gegeben", meinte er in Anspielung auf die erweiterten Regelungen. An
der grundlegenden Formel habe sich aber nichts geändert, betonte
Gusenbauer. Europa sei durch den Vertrag nun "funktionsfähiger", ist
er überzeugt. Er lobte weiters die "veränderte Tendenz" in der
europäischen Politik hin zu mehr sozialer Balance. Von
"entscheidender Bedeutung" für die Umwelt- bzw. Verkehrspolitik in
Österreich werde in Zukunft die Wegekostenrichtlinie sein.
Plassnik dankt
Wem der "Erfolg" des Gipfeltreffens zuzuschreiben ist, steht für
Außenministerin Plassnik fest: Sie dankte der deutschen
Ratspräsidentschaft für deren Verdienste. Die EU habe jetzt einen
konkreten Fahrplan und Arbeitsauftrag, meinte sie. Im Bereich der
inneren und äußeren Sicherheit verfüge man jetzt über bessere
Werkzeuge, so die Außenministerin. Man habe Rückschritte wie etwa im
Bereich der Rechtsverbindlichkeit der Grundrechtecharta vermieden, so
Plassnik weiter. Mit dem neuen Vertragswerk habe die EU nun die Hände
für "konkrete Resultate" frei. Europa verfüge nun über die "Fähigkeit
loszulassen" und über eine "neue Nüchternheit". Den "Pathos der
Vergangenheit" habe man hinter sich gelassen und entsprechende
Passagen aus dem Vertragswerk gestrichen, so Plassnik.
(APA)