Nigerianischer Kochkurs in der Jobfabrik.

Foto: Karma

Bilder (nach Vorlage Overbeck/"Italia und Germania") vom akademischen Maler Miromi-Avtandil Zerzwadze aus Georgien. Er gibt Unterricht im Zeichnen.

Dr. Igbal, der Arzt, der Sprachstunden gibt.

Lehrer und SchülerInnen: Gewöhnen an Russisch, eine "schwere Sprache".

Dr. Igbal kann nicht mehr in sein Heimatland zurück. Sein Bruder engagierte sich politisch auf der - zumindest nach Ansicht der weißrussischen Regierung - falschen Seite. Mehr will er dazu nicht sagen. Fakt ist, dass Dr. Igbal in Österreich gelandet ist. Seit vier Jahren wartet er auf einen positiven Bescheid, was sein Asylverfahren betrifft. Er ist alleine hier, "was das Schwerste für mich ist", erklärt der ruhige Mittdreißiger, der in Weißrussland als Arzt tätig war.

Hier lebt er im Heim und hat sich nun für eine Krankenpflegerausbildung angemeldet. "Um was zu tun zu haben", meint Igbal. "Sonst wird man irre". Arbeit hat nun mal mit Selbstwert zu tun. Sein Deutsch ist mittlerweile sehr gut, doch hinkt es seinem Englisch noch hinterher. Zum Glück hat Dr. Igbal aber ein gutes Gefühl für Sprachen. Trotzdem ächzt er, wenn er an seine Anfänge denkt: "Eine schwere Sprache".

Russische Rede

Das sagen auch seine SchülerInnen im Projektkurs. Nur meinen sie das Russische. Schon allein das russische Alphabet treibt ihnen die Schweißperlen auf die Stirn. "Das kann sich kein Mensch gleich beim ersten Mal merken", ächzt Paul und nimmt sich noch mal seine Liste vor. Jenny hingegen, schon ein "alter Hase", jongliert schon ganz gut mit den fremden Lauten. Aber was ist noch mal ein "Merkisnak"? Ach ja, das Betonungszeichen. Dr. Igbal, ganz Lehrer, erklärt das Ganze einfach ein zweites Mal. Und wenn gewünscht, auch noch ein drittes Mal. Schließlich ist ihm bewusst, dass es seine Zeit braucht, sich an neue Dinge zu gewöhnen.

Hürden für Asylwerber

Dr. Igbal ist nur einer der AsylwerberInnen, die im Rahmen des Projekts KArmA Unterricht geben. Unentgeltlich, schließlich dürfen Asylsuchende in Österreich keiner gewerblichen Arbeit nachgehen. Russisch wird angeboten, oder Arabisch, nigerianisch Kochen, Bambara oder African Dance. Dinge, von denen man annimmt, dass sie in hier auf Interesse stoßen könnten.

Vier StudentInnen der "FH für Sozialarbeit im städtischen Raum" haben das Projekt Anfang des Jahres im Rahmen einer Lehrveranstaltung ins Leben gerufen. "Um zwei der massiven Hürden für AsylwerberInnen zu lockern", heißt es auf der Homepage: nämlich die Unmöglichkeit zu arbeiten und die Schwierigkeiten für AsylwerberInnen, Kontakt zur Bevölkerung aufzunehmen.

Ehrenamtliches Engagement

Mittlerweile engagieren sich nur mehr zwei der StudentInnen für das Projekt. Nach Ablauf des Semesters widmen sie sich nun in ihrer Freizeit der Organisation der Kurse. Büroräumlichkeiten und webspace stellte Ute Bock zur Verfügung. Die Kurse finden im WUK statt, im Amerlinghaus oder anderen Asyleinrichtungen. Bei der Werbung verlässt man sich bisher vor allem auf Flyer und Mundpropaganda. Für mehr ist kein Geld da.

"Über Kurse wie Bambara waren die Afrikanistik-StudentInnen so glücklich, dass sie uns gleich die Organisation abgenommen haben", erzählt eine der Projektleiterinnen, Melanie Hösch. Andere Kurse sind noch nicht so ganz in die Gänge gekommen. "Für den Zeichenkurs haben wir noch nicht genügend Interessenten".

Freiwillige Spenden

Wem die Kurse gefallen, der steckt beim Rausgehen einen Geldschein in den provisorischen "Spendentopf", der mehr einem Teelichthalter ähnelt. Verstohlen, irgendwie ist diese Art der "Bezahlung" etwas ungewohnt für die KursteilnehmerInnen. "Wie viel spendest du?", ist auch Paul verunsichert. Jenny steckt diesmal etwas mehr in das Gefäß, sie hat dafür in der ersten Stunde nichts gegeben.

Ob sie wiederkommen werden? Schwer ist sie schon, die Russische Sprache, aber schließlich hat man nicht oft die Gelegenheit, quasi gratis von einem "Native" zu lernen. Mal sehen, meinen Jenny und Paul. Und beraten beim Verlassen des Raumes: "Was ist jetzt wirklich dieser ´Merkisnak´". Dr. Igbal wird sicher nächste Woche wieder hier sein. Schließlich hat Selbstwert mit Arbeit zu tun, auch wenn er nur einmal in der Woche an der Tafel steht. Lieber würde er zu Hause als Arzt praktizieren, aber dahin kann er eben nicht mehr zurück. (mhe, derStandard.at, 11. Juli 2007)