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Neue Technologien sollen der immer älter werdenden Bevölkerung mehr Sicherheit im Alltag bieten.

Foto: REUTERS/Michaela Rehle

"Praktisch alle westeuropäischen Industrieländer werden in den kommenden Jahren einen gravierenden demografischen Wandel durchmachen", erklärt Wolfgang Zagler, Leiter der Forschungsgruppe Rehabilitationstechnik "Fortec" an der Technischen Universität Wien (TU). Der Anteil älterer Menschen werde durch Geburtenrückgang und höhere Lebenserwartung weiter steigen. Er weist auch auf die damit verbundenen Auswirkungen hin: "Mit dem Alter wird schließlich auch der Pflegebedarf wachsen."

Zagler arbeitet neben seiner Tätigkeit an der TU als wissenschaftlicher Konsulent am Central European Institute of Technology, kurz CEIT, in Schwechat. Dessen Tochtergesellschaft CEIT Raltec (Rehabilitation Assisted Living Technologies) hat eine ähnliche Aufgabenstellung wie Fortec: Im Rahmen von AAL-(Ambient Assisted Living)-Projekten werden neuartige Informationstechnologien inklusive spezieller Betreuungsdienste für die ältere Bevölkerung und Menschen mit speziellen Bedürfnissen unter intensiver Miteinbeziehung der Anwender entwickelt.

"Wir wollen das höhere Alter lebenswert gestalten", fasst Helmut Plaugger, Initiator und Gründungsgeschäftsführer von CEIT Raltec, die Mission des seit 2006 bestehenden Instituts zusammen. "Wir wollen die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes und großteils unabhängiges Leben in den eigenen vier Wänden schaffen."

Sturzerkennung

Gelingen soll dies mit der Unterstützung von IT und anderen Technologien. "Hier gibt es noch einen großen Nachholbedarf", schildert Zagler. Zumal die Sicherheitstechnik etwa im Auto deutlich weiter entwickelt und gebräuchlicher sei als daheim. Daher müssten intelligente Werkstoffe erforscht und für zu Hause bereitgestellt werden – zumal für ältere und behinderte Menschen.

Vor Kurzem wurde das AAL-Projekt "eShoe" präsentiert, ein System zur Sturzerkennung und -prävention. "Rund ein Drittel der Menschen über 65 stürzt mindestens einmal im Jahr", erläutert Plaugger, der als Geschäftsführer des Concorde Technology Center Schwechat auch Mitglied des Verbandes der Technologiezentren Österreichs (VTÖ) ist, den Hintergrund dieses Forschungsthemas. Die Folgen: Die Menschen werden immobil, verlieren ihre Lebenslust, kommen in ein Heim, werden bettlägrig – es bleibt die Angst vor einem weiteren Sturz. Ziel von "eShoe" ist es daher, Stürze älterer Menschen künftig kurz- und langfristig vorhersehen zu können, indem veränderte Körperhaltung und Schrittstellung sowie die Abnahme des Balancereflexes mittels eines instrumentalen Schuhs mit eingebauten Sensoren bestimmt sowie geeignete Gegenmaßnahmen wie etwa das Aufblasen eines Airbags oder ein rüttelnder Vorwarnmechanismus ausgelöst werden können. Das System sollte zudem autonom und von außen unsichtbar sein.

Ein zweites Projekt, "eHome", widmet sich den eigenen vier Wänden. Sensoren überwachen sicherheitsrelevante Aspekte wie Herdüberhitzung oder die Kontrolle der Eingangstür, dienen aber auch der Sturzerkennung und -prävention. Bei all dem soll die Privatsphäre nicht leiden, deshalb wird auf Kameras und Mikrofone verzichtet. Damit dies auch gewährleistet ist, erfolgt die Forschungstätigkeit unter Aufsicht einer Ethikspezialistin. Im Rahmen eines so genannten "LivingLab" wurde der Prototyp in Schwechat bereits getestet. "Eine 82-jährige Dame hat für eine Woche mit eHome gelebt", erzählt Paugger. Mit all den Problemen, die es in diesem Stadium eben noch so gäbe: "Zum Beispiel konnte sie eine Nacht lang nicht schlafen, weil der Computer ihr nicht erlaubte, das Licht abzudrehen." (Markus Böhm/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 4.7. 2007)