Wien Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat am Dienstagnachmittag die Urteile nach dem Unglück in der Seegrotte in Hinterbrühl (Bezirk Mödling), bei dem am 31. Mai 2004 fünf Personen ums Leben kamen, deutlich verschärft: Die ursprünglich wegen fahrlässiger Gemeingefährdung zu jeweils 15 Monaten bedingter Haft verurteilten Geschäftsführerinnen und der Prüfer des Landes Niederösterreich, der den Betrieb des gekenterten Bootes genehmigt hatte, müssen jeweils für fünf Monate ins Gefängnis.

Der Berufungssenat bestätigte die Strafen der ersten Instanz der Höhe nach, sah davon aber nur mehr zehn Monate auf Bewährung nach. Ein Drittel des Strafausmaßes wurde unbedingt ausgesprochen.

Der in erster Instanz gänzlich freigesprochene Bootsführer wurde ebenfalls wegen fahrlässiger Gemeingefährdung schuldig erkannt. In seinem Fall hielt das Berufungsgericht zwölf Monate bedingt für tat- und schuldangemessen. Gegen sämtliche Entscheidungen ist kein Rechtsmittel mehr zulässig.

Bodenlose Schlamperei

Der Vorsitzende bezeichnete in der Urteilsbegründung das Vorgehen der 66 und 68 Jahre alten Geschäftsführerinnen sowie des 54-jährigen Landesbeamten als "bodenlose Schlamperei". Dem Beamten attestierte der Vorsitzende wörtlich ein "verheerendes Verschulden", den Geschäftsführerinnen "ganz bewusstes Verschweigen", was er als "gravierendes" Verschulden einstufte.

Für das OLG war klar, dass der tödliche Unfall vom 31. Mai 2004 seinen Ausgang schon im Jahr 1993 genommen hatte, als das Boot "Ilse" angeschafft wurde, mit dem in der beliebten Seegrotte – einer touristischen Hauptattraktion im Wienerwald – Besichtigungsfahrten unternommen werden sollten. Das Boot sei "ohne jegliche Stabilität" angeschafft und in den Betrieb übernommen worden, Pläne habe es keine gegeben, so die Feststellungen der Berufungsbehörde.

Im weiteren Verlauf habe man das bis 31. März 2003 von der Behörde genehmigte Boot von einem Katamaran zu einem Trimaran umgebaut, von 1,5 auf 2,17 Meter verbreitert, mit 280 Kilogramm schwereren Batterien versehen und die Umbauarbeiten dem zuständigen Amt der Landesregierung mit keinem Wort angezeigt. Dabei habe das Boot "weder den gesetzlichen Anforderungen noch den Stabilitätswerten entsprochen", stellte der Vorsitzende mit sichtlich emotionaler Bewegung fest.

"Bewusst etwas verschwiegen"

"Sie haben da ganz bewusst etwas verschwiegen! Wäre das nicht passiert, wäre es nicht zu dem tödlichen Unfall gekommen", bemerkte Veigl zu den Geschäftsführerinnen. Auch für den Landesbeamten – er nahm an der Berufungsverhandlung nicht persönlich teil, sein Anwalt entschuldigte ihn mit einer "depressiven Erkrankung" – fand er drastische Worte: Es sei "ungeheuerlich", dass diesem die vorgenommene Verbreiterung der "Ilse" nicht aufgefallen sei, als er 2003 das Boot inspizierte und die Bewilligung bis zum 31. März 2008 verlängerte. Der Beamte habe möglicherweise gefragt, ob an dem Boot Veränderungen vorgenommen wurden, aber "keinerlei Vermessungen und Berechnungen" für nötig gehalten, rügte Veigl.

Aus generalpräventiven Gründen sei für diese Verfehlungen ein im Gefängnis zu verbüßender Strafanteil "unbedingt erforderlich", bekräftigte der Vorsitzende: "Fünf Menschen sind sinnlos ertrunken auf Grund dieser Schlampereien."

Dem Bootsführer wurde demgegenüber "unbewusste Fahrlässigkeit" zugebilligt. Sein Fehler sei es gewesen, sich auf die Fahrt mit dem mit 28 Passagieren besetzten Boot einzulassen, obwohl er schon beim Einsteigen erkennen musste, dass dieses überladen war und Schlagseite hatte. (APA)