Graz - Man habe die Trendwende am Arbeitsmarkt geschafft, meinte Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) am Montag bei der Präsentation der österreichischen Arbeitsmarktdaten vom Ende Juni im Grazer AMS. Die 3,366 Mio. Beschäftigten seien absoluter Österreich-Rekord: "Das ist die bisher höchste im Land verzeichnete Beschäftigtenzahl überhaupt", so der Vizekanzler. Um österreichweit Vollbeschäftigung zu erreichen, müssten eine "weitere Politik der soliden Haushalte, weitere Reformen und Investitionen" sicher gestellt werden. Arbeitsminister Martin Bartenstein (ÖVP) sprach davon, dass die Vollbeschäftigung in Reichweite sei.

Bartenstein hob hervor, dass rund 20.000 Personen eine Wiedereinstellungszusage für nach dem Sommer in der Tasche hätten. Dies sei ebenso erfreulich wie die Tatsache, dass die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit im Schnitt im Sinken begriffen sei: Derzeit betrage sie 94 Tage. Es sei wichtig, dass kein Jugendlicher auf der Straße bleiben dürfe. In diesem Sinne müssten vor allem die Sprachschulungen verstärkt werden. Er, Bartenstein, stehe aber auch nicht an zu sagen, dass die guten Arbeitsmarktdaten nicht zuletzt auf die hervorragende Konjunktur zurück zu führen seien.

Gute Chancen auf einen Job

Lob gab es vom Arbeitsminister - neben den Ländern Vorarlberg, Tirol, Salzburg, OÖ und NÖ - auch für die Entwicklung der Steiermark, die mit einer Arbeitslosenquote von 4,4 Prozent "knapp an der Marke der Vollbeschäftigung vorbei geschrammt sei. Auf die Frage eines Journalisten, was Bartenstein einem der Jobsuchenden im Grazer AMS sagen würde, meinte der Minister: "Die Chance auf einen Job ist derzeit besser als vor sechs Jahren".

Was die Anzahl an von der Wirtschaft benötigten Facharbeitern betreffe, so wüssten die Betriebe durchaus, dass sie die in den nächsten fünf Jahre erforderlichen Fachkräfte "in den eigenen Kaderschmieden" ausbilden müssten. Aus z.B. Polen und der Ukraine würden keine Kräfte kommen, wer darauf hoffe, sei auf dem Holzweg. Die duale Ausbildung sei das Instrument für die Heranziehung von gut geschulten und vorbereiteten Arbeitskräften, so Bartenstein und Molterer.

Regierung mit sich zufrieden

Die Zahlen haben für Zufriedenheit und Eintracht in der Regierung gesorgt. Die SPÖ sieht den Aufschwung nun bei den Arbeitnehmern angekommen und die ÖVP spricht von einem "Grund zur Freude". Grünen und FPÖ wiederum ist der Rückgang der Arbeitslosigkeit um 6,5 Prozent zu wenig.

"Das ist ein Erfolg der neuen Regierung. Der Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik hat den entscheidenden Impuls gebracht", meinte SP-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass bei der Fachkräfteausbildung mehr gemacht werden müsse. Eine Meinung, die heute auch die Arbeiterkammer vertrat. Der ÖGB forderte eine Ausbildungsgarantie für Jugendliche. "Das Stichwort vom 'lebensbegleitenden Lernen' darf nicht länger ein Schlagwort bleiben. Die Betriebe müssen ihren Anteil dazu beitragen", hieß es.

Weiter aktive Arbeitsmarktpolitik

Staatssekretärin Christine Marek (ÖVP) mahnte ebenfalls ein, bei der "aktiven Arbeitsmarktpolitik nicht locker zu lassen". Als "besonders erfreulich" bezeichnete sie die Arbeitsmarktdaten für Frauen und Jugendliche. VP-Wirtschaftssprecher Reinhold Mitterlehner nahm die sinkenden Arbeitslosenzahlen zum Anlass, den Ausbau der Mitarbeiterbeteiligung zu fordern. ÖVP-Sozialsprecher Werner Amon betonte, dass man in fünf Bundesländern bereits von Vollbeschäftigung sprechen könne.

Die Wiener Grünen sehen in den jüngsten Zahlen keinen Grund zur Entwarnung und fordern eine Arbeitslosenanwaltschaft und einen Berufsausbildungsfonds. Die FPÖ zweifelte heute, Montag, die Jubelmeldungen der Regierung an. FP-Generalsekretär Herbert Kickl meinte, die wachsende Beschäftigung sei "weitgehend auf das Konto der steigenden Anzahl von oft schlecht bezahlten Teilzeit- und McJobs" zurückzuführen. (APA9