London - Islamische Extremisten sollen nach Zeitungsangaben nur wenige Stunden vor der Entdeckung von zwei Autobomben in London einen Anschlag in der britischen Hauptstadt angekündigt haben. Dabei sei auch auf die Empörung unter Muslimen über die kürzliche Bekanntgabe der Erhebung des islam-kritischen Autors Salman Rushdie in den Ritterstand hingewiesen worden, berichtete die "Times" am Samstag.

Den Angaben zufolge, die von den Polizei bisher nicht bestätigt wurden, hieß es in dem Internet-Diskussionsforum El Hesbah "Heute sage ich: Freut Euch, bei Allah, London soll bombardiert werden." Zugleich sei darauf verwiesen worden, dass der als Chef des Terrornetzwerkes geltende Osama bin Laden Großbritannien gedroht habe "und diese Drohung wahr gemacht hat". Die Mitteilung sei von jemandem gemacht worden, der sich Abu Osama al-Hazeen nannte. Am Vortag hatte bereits der US-Sender CBS über die in dem Internet-Chatroom El Hesbah angekündigten Bombenangriffe berichtet. Ein Mann namens Osama al-Hazeen habe sich bei dem hin und wieder von Mitgliedern des Terrornetzwerks Al Kaida genutzten Chatroom eingetragen.

"Wichtige Plattform"

Norwegische Sicherheitsexperten, die auf die Beobachtung islamischer Internet-Seiten spezialisiert sind, hätten das Forum El Hesbah als "wichtige Plattform" für militante Gruppen eingeschätzt, schrieb die "Times". Britische Sicherheitsexperten sagten dem Sender BBC, die geplanten Autobombenanschläge hätten die Handschrift der Terrororganisation Al Kaida erkennen lassen.

Unterdessen berichtete der US-Fernsehsender ABC unter Berufung auf Sicherheitskreise, Attentäter hätten vergeblich versucht, die beiden Autobomben im Zentrum Londons durch Mobiltelefonzünder zur Explosion zu bringen. In den Autos zurückgelassene Handys seien jeweils zwei Mal angerufen worden.

"Kristallklare Aufnahmen"

Überdies hätten die Ermittler inzwischen durch die Auswertung von Beobachtungskameras "kristallklare Aufnahmen" eines Mannes, der das erste Bombenfahrzeug in der Nacht zum Freitag unweit des Piccadilly Circus abgestellt und dann verlassen habe. Der Wagen sei im Juni gestohlen worden und in den letzten Tagen in Schottland sowie in Birmingham gesehen worden. Scotland Yard verweigerte zu diesen Medienberichten jeden Kommentar und verwies auf die laufenden Ermittlungen.

Bürgermeister warnt vor "Verteufelung" von Muslimen

Einen Tag nach der Entschärfung von zwei Autobomben in London hat der Bürgermeister der Millionenmetropole vor einer allgemeinen "Verteufelung" von Muslimen gewarnt. Nur eine "winzige Minderheit" der britischen Moslems sei dem Terrorismus zugeneigt, sagte Ken Livingstone am Samstag. Die große Mehrheit sei sogar überdurchschnittlich gesetzestreu.

Livingstone attackiert Saudi-Königsfamilie

Der politisch links stehende Livingstone warf der Königsfamilie Saudi-Arabiens vor, den islamischen Extremismus anzufachen, indem es eine extreme und intolerante Richtung des Islam auch in Großbritannien fördere. Britische Regierungen hätten es versäumt, dagegen vorzugehen.

Der Bürgermeister erklärte, die Straßen Londons seien nach der Entdeckung der Autobomben wieder "völlig sicher". Er selbst werde am Wochenende an einer Parade von Schwulen und Lesben teilnehmen, zu der zehntausende Zuschauer erwartet werden. Er glaube auch nicht, dass jemand aus Angst vor Anschlägen seine Eintrittskarte für das Popkonzert zu Ehren der vor zehn Jahren gestorbenen Prinzessin Diana am Sonntag im Wembley-Stadion zurückgeben werden. (APA)