Abwechslungsreiche Landschaften, intakte Natur.

Foto: visitnorway.com

Norwegische Nächte - ganz romantisch am Lagerfeuer.

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Im Sommer stehen etwa 20.000 km mit einem “T” markierte Wege zur Verfügung in Norwegen.

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"Unsere Hütten", erklärt Inge Gudmudsen, "schließen wir nur ab, wenn sie leicht mit dem Auto erreichbar sind". Normalerweise bleiben die über 400 Unterkünfte für Wanderer aber unverschlossen, so der ehrenamtliche Mitarbeiter in der Kristiansunder Sektion des norwegischen Bergwandervereins DNT. "Wie hier abgerechnet wird? Entweder man lässt das Geld einfach in einem Sackerl oder man bezahlt per Kreditkarte." Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser - dieses Motto scheint bei Norwegens Naturfreunden zu funktionieren.

Eine Übernachtung in einer der Berghütten, die meist komfortable Matratzenlager bieten, kostet 155 Kronen (rund 20 Euro) pro Person (bzw. 32,50 Euro für Nicht-Mitglieder). Per Helikopter müssen die Hütten mit Proviant bestückt werden, der Transport der Baumaterialien ist teuer, obgleich die Bauarbeiten von den Wanderfreunden ehrenamtlich durchgeführt werden. Die Berghütten des norwegischen Bergwandervereins sind zum größten Teil auf Selbstbedienungsbasis (selvbetjent) organisiert, manche von ihnen können ganze Schulklassen aufnehmen, andere haben gerade einmal zwei Betten. Reservierungen sind unüblich - egal, wie viele Leute kommen, sie finden immer irgendwie Platz.

"In unserer kleinsten Hütte mit nur zwei Schlafplätzen haben vorletzten Winter zwanzig Leute gleichzeitig übernachtet", so Inge. "Bei uns in den Bergen sind mehr Frauen als Männer unterwegs - und bei den Wandertouren haben sich schon manche Paare gefunden", versichert Dina Gupseth, die den Kristiansunder Wanderverein offensichtlich auch als funktionierende "Kontaktbörse" bewerben will. Ihre Sektion des DNT gehört zu den Aktivisten im Lande - mit viel Mühe hat sie in den letzten Jahren einen Weg um den Fjord initiiert, für den die Wanderer vierzehn Tage brauchen, und der rund 180 Kilometer umfasst.

T wie Traumroute

Die Unterkünfte entlang der Route, die durch ein unübersehbares, rotes T markiert ist, liegen zumeist im Tal und am Wasser, wie etwa die Imarbu-Hütte direkt an einem wunderschönen, stillen Fjordarm. Dort können auch Boote ausgeliehen werden, weshalb man sich die Hütte oft nicht nur mit Wanderern teilen muss, sondern auch mit Kajakfahrern. Die Ausstattung ist durchwegs einfach: Wasser muss häufig von draußen geholt werden, einen Stromanschluss haben die meisten Hütten nicht. Dafür gibt es fast überall einen Gasherd oder einen Holzofen, damit auch die Winterwanderer nicht frieren, denn grundsätzlich sind die Touren ja ganzjährig möglich. In den allermeisten Hütten finden sich zudem Küchengeräte und Lebensmittelvorräte, für die man in gewohnter Manier einen kleinen Obolus hinterlässt.

Das gute Netzwerk aus Wanderhütten, für die zum Teil aufgelassene Kuhställe oder ausgemusterte Jagdhütten umgebaut wurden, ist dennoch nicht der Hauptgrund dafür, dass die Fjordroute immer populärer wird. Die Tour um den Vinjefjord, deren Nordroute in Tømmervåg begonnen werden kann und die anfangs über mehrere Inseln führt, lockt vor allem durch ihre landschaftliche Faszination: durch die Verbindung von Küste und Bergen, von Felsen und Wiesen, von Blicken über das blaue Wasser der Schärenküste bis hin zu schneebedeckten Gipfeln des Trollheimen-Massivs. Plätschernde Bäche - im Sommer nur Rinnsale, während der Schneeschmelze massive Wasserfälle - in einer zarten Heidekrautlandschaft bestimmen den Gehrhythmus.

Aber selbst wenn die Strecke auf nicht mehr als 1000 Meter über dem Meer führt, die Wanderwege haben es durchaus in sich. Wer mit schwerem Gepäck unterwegs ist, sollte sich nicht mehr als 15 bis 20 Kilometer pro Tag vornehmen. Der Ausblick von der Tverrlihytta jedenfalls, der höchstgelegenen der insgesamt zwölf Hütten entlang der Fjordroute, entschädigt für die Mühe. Wer die Südroute wählt, startet meist in Hals und wandert von dort etwa sechs Stunden lang bergauf zu Jutulbu-Hütte, von dort aus geht es dann erst am nächsten Tag weiter zu Tverrlihytta. Die Dunkelheit lässt gerade in den Sommermonaten oft auf sich warten - helle Abende, an denen um 23 Uhr noch gute Sicht herrscht, sind die Regel.

Bereiftes Inselhüpfen

Eine Wanderung entlang der Fjordroute ist natürlich nur eine Möglichkeit, die andauernd wechselnden Landschaften Westnorwegens aktiv zu genießen. Äußerst populär ist mittlerweile auch die 200 Kilometer lange Fahrradtour über verschiedene Schäreninseln. Eine der beliebtesten Routen für das Inselhüpfen beginnt in der Kleinstadt Molde und führt über Ona, wo ein 15 Meter hoher roter Leuchtturm aus dem Jahr 1867 über dem Prototyp eines norwegischen Fischerdorfs thront. Nach Bud in Richtung Norden bis nach Kristiansund - früher eine Metropole des Klippfisch-Handels - bringt einen der Radweg, bei dem auch mehrmals mit der Fähre übergesetzt werden muss. Zum Großteil entlang der ruhigen Atlantikstraße, die sich im Gegensatz zum Wanderweg vor gröberen Steigungen eindrucksvoll drückt. (Florian Flieger/Der Standard/Printausgabe/30.06/01.07.2007)