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Zur Person
Miroslav Lajcák (44) wurde im nordslowakischen Poprad geboren. Nach seinem Jusstudium in Bratislava und am Moskauer Institut für internationale Beziehungen arbeitete Lajcák in der slowakischen Botschaft in Russland. Später wurde er Botschafter in Tokio. Er war Montenegro-Vermittler des EU-Außenbeauftragten Javier Solana und zuletzt im slowakischen Außenministerium tätig.

REUTERS/Handout
Standard: Wie viel Macht hat der UN-Repräsentant in Bosnien-Herzegowina wirklich?

Lajcák: Ich wurde von einem Komitee eingesetzt, das aus Ländern besteht, die zusammen mehr als eine Milliarde Einwohner haben. In ihrem Namen werde ich sprechen. Das ist eine gewaltige Autorität, niemand kann sich erlauben diese zu ignorieren.

Ich habe auch eine ganze Reihe konkreter Kompetenzen zur Verfügung: Bei den restriktiven werden in erster Linie die sogenannten Bonner Kompetenzen erwähnt, die tatsächlich auch erlauben, bestimmte Akte aufzuzwingen, oder umgekehrt Menschen aus Funktionen zu entlassen.

Obwohl gerade diese für Medien so attraktiv erscheinen, will ich mein Wirken nicht darauf aufbauen. Aus innerer Überzeugung werde ich mich vor allem auf die Motivation stützen, die auf der Vision einer künftigen EU-Mitgliedschaft Bosniens beruht. Denn das ist gerade etwas, das aus dem inneren des Landes hervorkommt.

Standard: Was werden Ihre ersten Schritte sein?

Lajcák: Als erstes werde ich eine Fernsehansprache zu den Bürgern von Bosnien-Herzegowina halten, in der ich meine Vision, meine Philosophie der Mission erklären werde. Es ist für mich wichtig, dass die Menschen begreifen, was ich mitbringe und wie sie mich wahrnehmen sollen. Ich will mich in kürzester Zeit mit allen politischen Akteuren treffen. Ich will mir eine Vorstellung darüber machen, wo die Probleme liegen, wer Teil dieser Probleme und wer Teil der Lösung ist.

Standard: Was sind die wichtigsten Aufgaben, die vor Ihnen liegen?

Lajcák: Die Verfassungsreform und die Reform der Polizei sind zwei Angelegenheiten, die auf dem Tisch liegen und die internationale Gemeinschaft erwartet von mir, dass ich bei beiden Reformen Fortschritte erziele. Die Polizeireform ist eine Sache, in der ein Fortschritt schnell erreicht werden kann und muss. Denn sie ist Bedingung der Unterschreibung des Stabilisierungs- und Assoziationsabkommens mit der EU. Die Verfassungsreform ist ein komplizierterer Prozess und mich würde nicht stören, wenn dieser die Länge meines Mandats überschreiten würde.

Standard: Können Sie sich vorstellen, dass die Friedensverträge von Dayton noch einmal auf den Verhandlungstisch kommen?

Lajcák: Dayton ist die Grundlage. Das ist der Boden, auf dem wir stehen, die Bibel oder der Koran, dem alle folgen müssen und ich bin beauftragt, das zu kontrollieren. Die Verfassung ist Bestandteil, einer der Anhänge von Dayton. Hier werden gewisse Änderungen erwartet, die, wie ich oft unterstreiche, ein Durchdringen von Interessen, das Ergebnis eines Konsens sein müssen.

Standard: Ist es Ihre Aufgabe, zu verhindern, dass Bosnien-Herzegowina sich spaltet?

Lajcák: Niemand diskutiert die Möglichkeit einer Spaltung von Bosnien-Herzegowina. Mein Mandat ist es das Land nach vorn zu bringen.

Standard: Kann die Unabhängigkeit des Kosovo nicht gerade solche Konsequenzen haben?

Lajcák: Genau so wie letztes Jahr das Referendum in Montenegro ein Signal war, dass man auch sehr heikle Fragen mit einer politischen Vereinbarung regeln kann, die dann alle respektieren, wird auch aus dem Kosovo ein Signal kommen. Dieses wird einen gewissen Einfluss auf das Geschehen in der Region haben. Deshalb erwarte ich, dass Menschen, die sich der Problematik des Kosovo widmen, alles dafür tun, damit dieses Signal gut sein wird. Damit die Lösung des Kosovo-Problems keine Probleme woanders schafft, Bosnien-Herzegowina eingeschlossen. (Renata Kubicová aus Bratislava/DER STANDARD, Printausgabe, 30.6./1.7.2007)