Vincent (14) isst gern gut und viel.

Foto: Heribert Corn

Ideale Voraussetzungen für einen Test des neuen Gastgartens von Spillern,...

Foto: Heribert Corn

... wo gutes Essen zu einem kommt.

Foto: Heribert Corn
Zum Glück ist die Schule für heuer schon gegessen, so hat Vincent alle Zeit der Welt, sich auf ein ausgedehntes Mittagsmahl im Schatten alter Bäume einladen zu lassen. "Ich esse alles, nur mit Oliven kannst mich jagen", erklärt er auf dem Weg nach Spillern. Keine ganz schlechte Voraussetzung für einen Job als Testesser. Den könnte Vincent sich auch recht gut vorstellen, er isst gern in guten Restaurants.

Da ist die "Spillerner Gastwirtschaft" richtig: Seit einem Jahr macht Küchenchef Meinrad Neunkirchner hier vor, mit welch lässiger Eleganz sich österreichische Wirtshausküche zelebrieren lässt - und wie herrlich sie zum "Spillerner Lager" passt, dem besonders trinkfreudigen Edelbier, das Hausherr Michael Harmer im angrenzenden Gutshof braut. Doch das ist kein Thema für Vincent, er ordert Wasser.

Ungefragt zum Tisch

Aber das Essen: Seit der Vorwoche wird es nicht mehr beim Kellner bestellt, sondern kommt ungefragt zum Tisch gefahren - so wie in den hallenartigen China-Restaurants internationaler Metropolen, wo Dim Sum und andere Leckerbissen auf Wagerln durch die Tischreihen bugsiert werden und man sich nach Gusto bedient. In Spillern gibt es drei davon: Auf einem werden kalte Vorspeisen und Desserts befördert, ein anderes hat einen massiven Braten (ganze Kalbshaxe, Lammkeule, Schweinsbraten ...) samt Sauce und Beilagen geladen, ein drittes fährt mit fixfertig angerichteten, warmen Speisen durch die Reihen.

Dieses für Österreich ziemlich einzigartige System war mit der Erweiterung des Gastgartens auf 200 Plätze notwendig geworden - eine Dimension, die sonst nur mit schlichten Biergartenklassikern bewältigbar ist, nicht mit einer Küche wie sie Neunkirchner verantwortet.

Vincent gefällt die Idee sehr - besonders, nachdem der Vorspeisenwagen sich endlich an seinem Tisch eingeparkt hat: "Das schaut ja alles urgut aus". Kann man wohl sagen: Massive, längs geteilte und im Panzer gegrillte Flusskrebse mit Erbsenschoten etwa werden gleich einmal da behalten. "Die sind voll aromatisch und saftig, davon könnten ruhig ein bissl mehr am Teller sein", erklärt er. Wobei Vincent dem Prinzip, kleine Portionen zu kleinen Preisen anzubieten schon auch was abgewinnen kann: "Da kann man mehr verschiedene Sachen probieren".

"Booah, ist das gut!"

Vor allem, weil die Speisen auf den diversen Wägelchen "voll Appetit" machen: "Da greift man sich auch mal Sachen, die man sich auf der Speisekarte eher nicht bestellen würde". Den rosa gebratenen Rehrücken auf Ofenmarille etwa hätte Vincent sicher nicht gekostet, wenn er nicht so wunderhübsch angerichtet an ihm vorbeigefahren wäre: "Das klang viel zu süß, dabei ist die Marille ziemlich sauer". Schnitzel wird als "absolut zart, mit schön gewellter Panier und gutem Erdäpfelsalat" bewertet, der zartrosa gebratene Zwiebelrostbraten aus der Beiried, den der Kellner als "absoluten Klassiker des Hauses" empfiehlt, findet bei Vincent hingegen keine Gnade: "super Sauce und schön viel Zwiebel, aber das Fleisch gehört weicher - und viel dünner geschnitten".

Überhaupt, wenn man schon beim Kritisieren sei, falle einem schon so einiges auf, meint er. Beim "sehr flaumigen" Topfenknödel etwa hätten es "eigentlich ein bissl mehr Himbeeren" in der Sauce sein können, und die Kombination aus Erdbeer-Orangenstrudel mit Mandel-Vanillemilch - ob das nicht zu viele Geschmäcker auf einen Sitz sind? Wenn man gerade sieben verschiedene Teller leergeräumt hat, vielleicht. Dann doch lieber das Pistazienparfait mit Kirschensauce. "Booah, ist das gut", erklärt sich Vincent mit der Wahl zufrieden, während das dichte, cremige Parfait und die zart säuerlichen Kirschen mit beängstigender Geschwindigkeit verputzt und gleichzeitig die aktuelle Position des Dessertwagens für keinen Moment aus dem Radarblick gelassen wird. "Vielleicht geht sich doch noch ein Knödel aus", sagt Vincent. Sonst noch was: "die Rechnung bitte!" (Severin Corti/Der Standard/rondo/290/06/2007)