Die Situation nach dem gescheiterten Ortstafel-Gipfel: Die Kärntner SPÖ samt Bürgermeister, Slowenenvertreter und Vertreter der Heimatverbände sind für das Kanzler-Papier. Die ÖVP ist dagegen, Jörg Haider blockiert alles. SPÖ und ÖVP wollen dennoch weiterverhandeln.

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Klagenfurt/Wien - Sie saßen wie versteinert an der Längsseite des Verhandlungstisches bei Alfred Gusenbauer im Kanzleramt. Während der Elefantenrunde zur Lösung der Ortstafel-Frage meldete sich kein Einziger der SPÖ-Bürgermeister zum Kanzler-Entwurf zu Wort. Auch Kärntens SP-Chefin Gaby Schaunig hielt eisern mit ihrer Meinung hinterm Berg: Nur wenn auch die ÖVP dem Vorschlag über 163 Ortstafeln zustimmt, werde man mitziehen, deponierte sie schließlich. Umso heftiger vertrat dafür Landeshauptmann Jörg Haider seine Ablehnung und fixierte dabei scharf die Bürgermeister, die er eigentlich auf seiner Seite wähnte. Zumindest zu Hause in Kärnten.

Auf die Ortschefs warteten nach dem gescheiterten Gipfel bereits blutrote, doppelseitige Inserate in Kärntner Medien mit der Schlagzeile: "SPÖ-Verrat an Kärnten", daneben aufgelistet sämtliche Gemeinden und Ortschaften, wo es nach dem Willen des Bundeskanzlers zweisprachige Ortstafeln geben soll.

Der war während der nächtlichen Verhandlungsrunde ziemlich emotional geworden. Bereits nach den ersten Wortmeldungen hatte Gusenbauer sinngemäß gemeint, man könne das Gespräch eigentlich gleich abbrechen. Tags darauf spricht sein Sprecher von einer "guten Grundlage", auf deren Basis man weiterdiskutieren könne. Einen Termin für eine weitere Ortstafelrunde gibt es bis dato aber nicht. Auch wenn Vizekanzler Wilhelm Molterer noch in der nächtlichen Sitzung betonte, er werde, wenn nötig, Tag und Nacht verhandeln und einen Spielraum zwischen 141 und 163 Ortstafeln einräumen.

Abfuhr von Haider

Die ÖVP ist am Mittwoch mit ihrem Vorhaben, die im vergangenen Jahr in letzter Minute gescheiterte Ortstafellösung mit 141 Tafeln zu modifizieren und jetzt im Nationalrat zu beschließen, beim Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider postwendend auf Ablehnung gestoßen. "Es gibt keine Zustimmung zu einer adaptierten Verordnung vom Sommer 2006", betonte Haider.

Sein Nein begründete der Landeshauptmann mit den von der ÖVP geplanten Erhöhungen der Anzahl der Tafeln, der Zustimmung zur Installierung eines Konsensausschusses sowie der VP-Ablehnung der vom ihm verlangten Minderheitenfeststellung auf Basis einer Muttersprachenerhebung. Nach den Worten des Kärntner Regierungschefs sei "der schwarze Vorstoß bereits wieder Geschichte". Haider: "Es bleibt dabei: Minderheitenfeststellung oder eine Ortstafelregelung auf Basis der Zählung von 1976, Verfassungsgesetz und maximal 102 Ortstafeln."

Damit dürfte eine Lösung der Ortstafelfrage unter Einbeziehung des Landeshauptmannes, wie zuletzt von Molterer gefordert, Utopie bleiben. Beide Koalitionspartner auf Bundesebene haben sich nämlich wiederholt gegen eine Muttersprachenerhebung in Kärnten ausgesprochen.

Im südlichsten Bundesland scheint man von einer Lösung ohnehin weiter entfernt denn je. Im Gegenteil: Man rüstet zum verbalen Ortstafel-Sturm. Das BZÖ hat für Freitag einen Ortstafel-Sonderlandtag einberufen. VP-Chef Josef Martinz will sich dem "Diktat aus Wien" nicht beugen. Und SPÖ-Chefin Gaby Schaunig sieht bis zur Sommerpause die "letzte Chance" für eine Einigung. Gibt es die nicht, "dann ist das Thema für mich erledigt". Gusenbauer will hingegen - anders als ursprünglich angekündigt - auch dann weiterdiskutieren, wenn bis zum Verfassungsausschuss am Donnerstag keine Einigung zustande kommt. (von Karin Moser und Elisabeth Steiner/DER STANDARD, Printausgabe, 28.6.2007)