Bei dieser Sammelstelle landen pro Jahr 30.000 Wagerln, die von den Märkten gegen Entgelt abgeholt werden

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Stadträtin Ulli Sima und MA-48-Chef Josef Thon präsentieren die neuen Mistkübel.

Foto: Pressefoto Votava
Wien – "Ich weiß auch net, welche Leut' dort wohnen", schüttelt Josef Thon, Chef der MA48 den Kopf. "Dort", das ist ein "Hotspot" am Leberberg: "Wenn S' zu dieser Wohnhausanlage kommen, glauben S', das ist ein Supermarkt. Jeden Tag stehen dort 60 bis 80 Einkaufswagerln; wir räumen die weg – und am nächsten Tag kommt der Anruf von der Bezirksvorstehung, warum wir nix tun. Weil schon wieder 80 Wagerln dort stehen."

"Moral im Sinken"

Doch das ist bei Weitem nicht das einzige Mistproblem in der Stadt. Auch wenn Wien im Großen und Ganzen eine vergleichsweise saubere Stadt ist: "Die Moral der Menschen ist im Sinken", stellt Umweltstadträtin Ulli Sima (SP) fest.

Obwohl vor allem die Mistplätze ohnehin tagsüber fast immer geöffnet sind – finden sich am Morgen immer wieder Müllberge vor den verschlossenen Türen. Thon: "Die Hardliner bringen sogar ihren Krempel auf die Straße und dann rufen sie uns gleich an: Wann räumts es Gfraster des endlich weg?"

Diese Auswüchse wollen Sima und Thon nun sozusagen wegbeserln und kündigten am Dienstag umfassende Reformen an:

  • 200 neue "Orange" Nach internen Rationalisierungen und Aufstockungen sollen künftig 200 Mitarbeiter zusätzlich auf den Straßen unterwegs sein, um Mist und Sperrmüll wegzuräumen.

  • "Kehr Force" Gleichzeitig wird eine "Kehr Force" mit 25 bis 30 Personen gebildet, die als schnelle Eingreiftruppe in ganz Wien eingesetzt werden kann.

  • "Waste Watcher" Die einschneidendste Neuerung: Es soll in der MA 48 künftig eine Gruppe von "Waste Watchern" geben, die wie "Parksheriffs" Organe öffentlicher Aufsicht sind: Sie sollen abmahnen und Mistsünder zur Ausweisleistung auffordern dürfen. Weiters können Organstrafen bis zu 36 Euro verhängt oder im schlimmsten Fall Anzeigen erstattet werden – hier drohen Strafen bis zu 1000 Euro. Die "Waste Watchers" sollen aber gleichzeitig auch Hundstrümmerlsünder abstrafen können. Sima betonte aber, dass diese Truppe keinesfalls als "Stadtpolizei" gedacht sei. Auch sollen nur "Müll-Hardliner" und nicht Kaugummispucker gestraft werden: "Wir wollen keine Verhältnisse wie in Singapur."

  • 1000 Mistkübel: Die bestehenden 14.000 Mistkübel der MA 48 sollen um 1000 weitere ergänzt werden. Sie alle sollen orange Ränder bekommen, um besser sichtbar zu sein. Thons besondere Lieblinge sind die "Unterflur-Mistkübel" an besonders frequentierten Stellen: Sie haben unter der Einwurfsäule einen unterirdischen 600-Liter-Behälter und müssen nicht – wie etwa manche Kübel auf der Mariahilfer Straße – dreimal täglich geleert werden.

  • "Mobile Prosa" Nomen est omen: Ein eigenes Problem sind die Problemstoff-Sammelstellen ("Prosa"): "Wenn die Leute dort vor der verschlossenen Türe ihre Problemstoffe abstellen, ist das ein richtiges Sicherheitsproblem." Ab Herbst sollen daher im 9. und 22. Bezirk in einem Pilotversuch zwei Sammelstellen durch mobile Problemstoff-Sammler unterwegs sein, die an bestimmten Stellen zu bestimmten Zeiten sammeln.

    Wobei die stationäre "Prosa" der MA 48 etwa bei Mistplätzen und Märkten weiter gepflegt werden soll. Thon hat eher "exotische Standorte" im Auge: "Dort vereinsamen sie. Da kommen am Tag zwei Leut vorbei – zu diesen Mitarbeitern müsst man eigentlich an Psychologen schicken."

    Die Umsetzung dieser Maßnahmen soll ab dem Herbst beginnen und wird rund fünf Millionen Euro kosten. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 27.6.2007)