Robert Mang auf der Anklagebank: Geläutert nach eineinhalb Jahren U-Haft, aber noch Jahre von seinen nächsten Lebenszielen entfernt: "Ich will zu meinen Kindern und so bald wie möglich wieder arbeiten."

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Wien - "Er hat große Fähigkeiten, die ihm auf den Kopf gefallen sind", sagt sein Verteidiger. Da widerspricht keiner. Vor vier Jahren hatte Robert Mang die Fähigkeit, auf dem Heimweg nach einer versumpften Disconacht ein 36 Millionen Euro bis "unschätzbar" wertvolles Salzfässchen aus der nächstbesten Vitrine im ersten Stock des via Baugerüst angenehm besteigbaren Kunsthistorischen Museums abzuholen, als wäre es eine Coladose im Billa gewesen. Eigentliches Motiv: einfach nur so, um zu zeigen, dass das Museum, entgegen der (heute noch) festen Überzeugung des Direktors Seipel, kein Hochsicherheitstrakt war, sondern ein Selbstbedienungsladen.

Unelegant gelöst

Zum Heldentum fehlte dem Alarmanlagen-Experten leider die Fähigkeit, die Saliera sofort wieder zurückzugeben, "beigelegt ein Geldbetrag für die eingeschlagene Fensterscheibe". So hätte es Richter Wolfgang Fahrner gemacht, (hätte er Mangs Fähigkeiten, seine Midlifecrisis und seinen schrägen Zugang zum Abenteuer gehabt). Mang aber wählte den uneleganten, zeit- und nervenaufwändigen Weg des Einbruchsdiebstahls und der versuchten schweren Erpressung. Dafür verurteilt ihn ein Wiener Schöffengericht zu fünf Jahren Haft, ein Jahr mehr als beim Prozess im vergangenen September, der wegen eines Formalfehlers neu ausgetragen werden musste.

Die Untersuchungshaft hat dem Angeklagten zugesetzt. 51 Jahre ist er jetzt alt, schmäler ist er geworden, fahl im Gesicht, fahrig in seinen Bewegungen, verkrampft in seinem Bemühen, über die Absurdität seines Handelns selbstironisch lächelnd zu reflektieren.

Ausgesorgt

Mit 19 hatte er eine Firma für Alarmanlagen gegründet und in knapp drei Jahrzehnten zu einem florierenden Unternehmen ausgebaut. Finanziell hatte er vor- und bereits so gut wie ausgesorgt. Aber seine Ehe ging in die Brüche, und eine Krebserkrankung löste bei ihm Wurschtigkeitsgefühle aus. Die Nächte vertrieb er sich in Bars und Discos. "Schlimm genug, dass ich mich mit 47 dort noch herumtreibe", gesteht er.

Das Museum hatte er schon Wochen vorher einmal besucht. "Nicht wegen der Kunst, sondern wegen einer Reisegruppe junger Italienerinnen", hat er bereits mehrmals zugegeben. Mehr noch faszinierten ihn dann aber die antiken Bewegungsmelder. Solche hatte seine Firma schon 15 Jahre vorher serienmäßig aus dem Verkehr gezogen. Ferner: kein Panzerglas, keine Innenraumsicherung, keine Außenhautsicherung. Im Gegenteil: ein dezent beleuchtetes Baugerüst. - "Da wollte ich es wissen."

Wochenlange Angst

So richtig wusste er es erst am Morgen danach, an jenem des 12. Mai 2003. Das hübsche goldene Ding unter seinem Bett hieß "Saliera", und seine Ein-Minuten-Abholaktion nannte man "einen der weltweit größten Kunstraube der Geschichte". An dieser Stelle hätten sämtliche Juristen die Aktion abgebrochen. Anders leider Mang, dem fiel seine Fähigkeit auf den Kopf. "Ich hab wochenlang in Angst gelebt und mich in eine Isolation hineingesteigert", sagt er: "Ich hab ja mit niemandem darüber reden können." Etwas besser fühlte er sich, als er das Salzfass nahe seinem Wochenendhaus im Waldviertel vergraben hatte. Und wer hat ihn auf die glorreiche Idee der Erpressung gebracht? - "Die Medien", sagt er. Da wurde detailreich beschrieben, wie man als großer Kunstdieb zu adäquatem Lösegeld kommt. Mang verlangte zehn Millionen Euro und drohte der Versicherung, die Saliera sonst einzuschmelzen. Der Richter findet die Summe unverschämt hoch: "Zehn Millionen Euro, das sind ja 137 Millionen Schilling, dass man das einmal ausspricht." Die Übergabe scheiterte. Schließlich ließ sich Mang beim Kauf einer SIM-Karte von der Geheimkamera fotografieren. Danach wurde er gefasst.

"Was sind Ihre Ziele?", fragt der Richter. "Ich will zu meinen Kindern. Und so bald wie möglich wieder arbeiten", antwortet der traurige Dieb. (Daniel Glattauer, DER STANDARD Printausgabe, 27.6.2007)