Parallels Desktop 3

Als Parallels Ende Februar ein großes Update für sein Desktop-Virtualisierungsprodukt unter Mac OS X auf den Markt brachte, verkündetet man vollmundig: Die nächste Version wird 3D-Unterstützung besitzen, Angesichts dessen, dass die Konkurrenz von VMWare gerade vielbeachtet ein entsprechendes Feature für sein Konkurrenzprodukt "Fusion" präsentiert hatte, ein wohl nicht ganz unwichtiger Punkt in der Kaufentscheidung so mancher KonsumentInnen.

Neues

Dass es dann so schnell gehen sollte, überraschte dann aber doch: Gerade mal etwas mehr als drei Monate später ist die Version 3 des Parallels Desktops veröffentlicht worden, die versprochene 3D-Unterstützung ist dabei ebenso enthalten, wie eine ganze Reihe weiterer Verbesserungen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ergänzend

Ein kleiner Hinweis zum Beginn: Der vorliegende Artikel versteht sich als Ergänzung zum Test der Vorgängerversion, besprochen werden also nur die Neuigkeiten, wer mehr über die schon länger enthaltenen Features wissen will, findet dort weitere Informationen.

Preise

Zu den Kosten der Software: Der Kauf der deutschsprachigen Vollversion schlägt mit 79,99 Euro zu Buche, das Upgrade von der Vorgängerversion gibt es hingegen schon um rund 40 Euro. Vor einem eventuellen Kauf kann die Software auch kostenlos 15 Tage lang mit einer Trial-Lizenz getestet werden. Als Systemvoraussetzung gibt man minimal Mac OS X 10.4.6 an.

Anpassung

Beim ersten Starten der neuen Version zeigt sich bereits, dass man Änderungen am Speicherformat der virtuellen Maschinen (VM) unternommen hat - der Parallels Desktop nimmt die Anpassungen an den vorhandenen VMs aber selbsttätig vor, wenn dies gewünscht wird. Vorsicht walten lassen, sollten dabei vor allem diejenigen, die eine alte Parallels-Version besitzen und in die neue Release nur hineinschnüffeln wollen, immerhin funktionieren diese upgegradeten VMs dann nicht mehr mit der Vorgänger-Release. Sicherheitshalber sollte also vor dem ersten Start ein Backup angelegt werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Snapshots

Einer der Kritikpunkte an der Vorgängerversion war das Fehlen eines Snapshot Managers. Statt mehrere Snapshots lässt sich so immer nur ein Schlafzustand erstellen, für Leute, die gerne herumexperimentieren, ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Mit dabei

Und nun das Erfreuliche: Mit der Version 3 des Parallels Desktop hat der Hersteller in diesem Bereich nachgebessert, ein Snapshot Manager hat Einzug in die Software gehalten. Dabei lassen sich die einzelnen Zwischenstände der virtuellen Maschine mit Notizen versehen, das Interface signalisiert auch deutlich, welcher Snapshot von welchem Vorgänger abstammt. Auf jeden Fall eine erhebliche Verbesserung für die BenutzerInnen der Software.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Coherence

Eines der herausragenden neuen Features des Parallels Desktop 2.5 war die Einführung des sogenannten Coherence-Modus: In diesem werden die Anwendungen eines Windows-Gastsystems quasi aus ihrer virtuellen Desktop-Umgebung "herausgelöst", sie erscheinen wie native Mac-Anwendungen als "normale" Fenster im Apple-Umfeld.

SmartSelect

Mit dem Parallels Desktop 3 treibt man die Integration zwischen Mac OS X und einem Windows-Gast erheblich weiter. Dank "SmartSelect" lassen sich Dokumente im Mac-Finder mit einer Windows-Anwendung starten, umgekehrt klappt es natürlich auch im virtualisierten Windows-Explorer den Safari zum Öffnen von HTML-Dateien einzutragen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bild nicht mehr verfügbar.

Start

Auf diese Weise lässt sich dann etwa der Safari - in der funktionstüchtigen Mac-Version - als Default-Browser für Windows festlegen. Auch ist es möglich Windows .exe-Dateien direkt aus dem Finder heraus zu starten.

Verbdindung

Die Dateitypassozierungen lassen sich dabei frei festlegen, über ein Menü beim Dock-Icon der Parallels-Anwendungen können sie angepasst werden. Wer sich vertan hat, kann das Ganze mit einem Klick auch wieder in den Ausgangszustand versetzen.

Grafik: Archiv

Umgekehrt

Ein weiteres neues Feature sind die sogenannten "Inverse Shared Folders": Ist es bisher nur möglich gewesen über ein geteiltes Verzeichnis aus der virtuellen Maschinen heraus auf das Host-System - also Mac OS X - zuzugreifen, so gibt sich die neue Version hier wesentlich flexibler.

Anbindung

Die Festplatte einer gerade laufenden virtuellen Maschine wird einfach wie andere Datenträger auch in den Finder eingebunden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Sicherheitsüberlegungen

Eine dermaßen enge Integration von Host- und Gastbetriebssystem hat natürlich auch so seine Sicherheitsimplikationen. Immerhin kann ein Gast-Windows im schlimmsten Fall dann auch Dateien in der Mac OS X-Umgebung - und umgekehrt - überschreiben, ein Umstand, der wohl nicht nur paranoideren Naturen schnell einmal Unbehagen bereiten kann.

Lösung

Eine Problematik, der sich Parallels augenscheinlich bewusst ist, entsprechend hat man mit der neuen Version eine Art Security Manager integriert. In den Einstellungen zur virtuellen Maschine lässt sich festlegen, wie weit die Integration der beiden Umgebungen gehen soll. Auf detaillierte - und möglicherweise verwirrende - Einstellunspunkte hat man dabei verzichtet, statt dessen kann man mit einem Slider zwischen den drei Modi "Medium, Medium-High und High" Security wählen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Explorer

Nicht immer will man die gesamte virtuelle Windows-Umgebung starten, um Zugriff auf die eine oder andere Datei auf der virtuellen Festplatte zu erhalten. Für diesen Zweck wurde mit dem Parallels Explorer ein neues Tool in die Software integriert. Damit lassen sich dann Dateien in der ausgeschaltenen Windows-Maschine kopieren, umbennen, löschen oder was auch immer man so damit vorhat.

Transport

Doch auch an bestehenden Tools hat man weitere Feinschliff betrieben: Der Parallels Transporter, der unter anderem dazu da ist, um Windows-Installation auf physischen Rechnern in die virtuelle Umgebung zu verfrachten, kann dies nun auch auch mithilfe einer Firewire-Verbindung. Auch wird nun erstmals Windows Vista für diese Art der Migration unterstützt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Dock

Nochmals kurz zurück zum Coherence-Modus: Mittels des Kontextmenüs der Dock-Einträge von Anwendungen im virtuellen Windows lässt sich nun auch direkt das Startmenü aufrufen. Bisher musst man dafür das ganze Windows-Panel eingeblendet haben.

Nicht kohärent

Beim Wechsel auf die Expose-Ansicht zeigt sich hingegen noch das eine oder andere Problem mit Coherence: Die einzelnen Windows-Anwendungen werden hier nicht als getrennte Fenster sondern gemeinsam angezeigt, bei dieser Isolation der einzelnen Komponenten ist VMWare Fusion mit seiner eigenen - Unity genannten - Lösung schon etwas weiter.

Screenshot: Andreas Proschofsky

DDD

Kommen wir zu dem Feature, das im Vorfeld der Veröffentlichung die meiste Aufmerksamkeit der Mac Community bekommen hat, die 3D-Unterstützung. Immerhin klingt der Gedanke, auch für die eigenen Spielebedürfnisse gänzlich auf den Neustart in Windows verzichten zu können für viele Ohren recht verlockend.

Umsetzung

Und genau dieses schickt sich Parallels an mit der aktuellen Version zu erreichen, allein - die Ergebnisse sind bisher noch eher bescheiden. So funktionieren derzeit praktisch nur Spiele, die schon mehrere Jährchen auf ihrem Buckel haben, die Liste der offiziell unterstützten Titel reicht von Serious Sam 1 und 2 bis zu Warcraft 3 und Worms 3D. Immerhin ist auch Far Cry im OpenGL-Modus mit dabei.

DirectX 8.1

Technisch gesehen unterstützt man derzeit OpenGL und einen Teil von DirectX 8.1 - dass da nicht sonderlich viel aktuelles mitspielt - und auch die Aero-Effekte von Vista vorerst noch deaktiviert bleiben müssen - verwundert also nicht weiter. Da von der versprochenen "nativen Geschwindigkeit" derzeit noch ebenso wenig zu bemerken ist, drängt sich leicht der Verdacht auf, dass die jetzige Veröffentlichung des 3D-Supports primär aus Marketinggründen getätigt worden ist, um VMWare in dieser Hinsicht ein Schnippchen zu schlagen. Wenigstens lässt sich mit der 3D-Unterstützung auch die eine oder andere ernsthafte Anwendung wie AutoCad 2008 oder Sketch Up Pro 6 betreiben.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Linux und Co.

Auch wenn der Parallels Desktop weiterhin praktisch zur Gänze auf den Einsatz von Windows-Gastsysteme ausgerichtet ist, so lassen sich doch auch zahlreiche andere Systeme mit der Software einrichten. Mit der neuen Version verbessert man immerhin die Integration von Linux-Gastsystemen mit einer eigenen Version der Parallels Tools, wodurch sich etwa die Auflösung des Gastsystems beim Ändern der Fenstergröße des Parallels Desktops mitändert.

Schnelldurchlauf

Zu den weiteren Verbesserungen der Software gehört die Möglichkeit nun auch per Boot Camp vorhandene Vista-Installation direkt für Parallels zu verwenden - bisher ging das nur mit Windows XP. Auch wurde der USB 2.0-Support verbessert / beschleunigt, sowie eine experimentelle Unterstützung für den kommenden Windows 2008 Server hinzugefügt. Dank "Shared Printers" kann nun das Gast-Windows auf die unter Mac OS X installierten Drucker zugreifen.

Undo

Ganz neu sind dies sogenannten "Undo Disks": Eine so gekennzeichnete virtuelle Disk, wird beim Herunterfahren automatisch auf den Ausgangszustand zurückgestellt. Optimal um herumzuexperimentieren, oder anderen BenutzerInnen die Illusion des vollständigen Zugriffs auf ein virtuelles System zu erlauben.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Fazit

Alles in Allem erfreut der Parallels Desktop - gerade in Anbetracht seines kurzen Entwicklungs-Zyklus - mit überraschenden vielen sinnvollen Verbesserungen. Vor allem der Snapshot-Manager und die logische Weiterentwicklung des Coherence-Modus wissen dabei zu überzeugen. Auch die restlichen Neuerungen - wie bessere Hardwareuntestützung - sind erfreulich.

Abwarten

Im Gegensatz zu den zuvor genannten Dingen, ist die 3D-Unterstützung derzeit aber noch kein Grund für einen Kauf. Viel zu sehr steckt das Ganze noch in den Kinderschuhen. So richtig interessant wird es wohl erst dann, wenn man eine vollständige DirectX-9-Unterstützung erreicht hat. (Andreas Proschofsky)

Screenshot: Andreas Proschofsky