Das schön renovierte Hotel Astória im unverkennbaren k. u. k. Stil.

Foto: Bardejovské Kúpele
Foto: Bardejovské Kúpele
Dichte, grüne Wälder umschließen die Bäder- und Kuranlage von Bardejovské Kúpele, sechs Kilometer außerhalb der ostslowakischen Stadt Bardejov (dt. Bartfeld) und hingebreitet an den Hängen der Niederen Beskiden, die die Grenze zwischen der Slowakei und Polen markieren. Auf den ersten Blick dominiert Beschaulichkeit. Die Mischung aus k. u. k. Baukunst, wie sie sich im schön renovierten Hotel Astória und einigen pittoresken Dependancen zeigt, und realsozialistischer Zweckmäßigkeitsarchitektur erzeugt ein seltsames Flair.

Sorglose Eisenbahner

Das anwesende Publikum verstärkt dieses noch. Einheimische Kurgäste, die seit der Gesundheitsreform der Regierung Dzurinda kräftig dazuzahlen müssen, sorglos Bier trinkende tschechische Eisenbahner, denen ihr Staatsunternehmen noch alles bezahlt, und treu zurückkehrende österreichische und deutsche Senioren, die für relativ wenig Geld eine solide kurärztliche Betreuung genießen, bevölkern die Kulisse.

Bardejovské Kúpele ist im engeren Sinn kein Bad zum Baden. Die Wässer, die seinen Quellen entspringen, eignen sich für Trinkkuren. In der Kolonnade (Säulenhalle), einer der gröberen Sünden der hier tätig gewesenen kommunistischen Architekten, kann ein knappes Dutzend Wässer gegen verschiedene Beschwerden, vor allem Erkrankungen der Verdauungswege, eingenommen werden. Darüber hinaus bietet das Kurzentrum Moorbäder, Wassertherapien, Inhalationen, Massagen und ärztliche Beratung an. Rund tausend Betten stehen in dem Komplex zur Verfügung, für die etwas betuchtere Kundschaft wurden im Astoria einige Etagen komfortabler und dem historischen Ambiente entsprechend ausgestattet.

"Ein zweites Bad Blumau werden wir gewiss nicht", sagt Jaroslav Komora, der Mehrheitseigentümer und Generaldirektor, mit geübtem Understatement. "Aber die Preise sehen bei uns eben auch anders aus", fügt er im nächsten Atemzug hinzu, um den Vergleich mit dem von Hundertwasser designten Wellness-Tempel der Rogner-Kette in der Steiermark in die rechte Relation zu rücken.

Dabei war seine Anlage einst eines der glänzendsten Kurparadiese Mitteleuropas, wo sich der europäische Hochadel ein Stelldichein gab. Marie Louise, die Tochter von Kaiser Franz I., weilte hier 1809 zur Kur, ein Jahr bevor sie aus Staatsräson mit dem ungeliebten Napoleon Bonaparte verehelicht wurde. Zar Alexander I. von Russland war hier 1821 zu Gast, Kaiserin Sisi 1895 - an sie erinnert ein Denkmal im Kurpark.

Mit der Renovierung des Astória bemüht sich die Kurverwaltung, etwas von der alten Grandezza wiedererstehen zu lassen. Vor zehn Jahren wurde die Kuranlage privatisiert, im Zuge der zum Teil dubiosen Entstaatlichungmaßnahmen unter dem damaligen populistischen Regierungschef Vladimír Meciar. Der neue Mehrheitseigentümer Komora sorgte aber in der Folge für keine Negativschlagzeilen und stellte das Unternehmen auf eine solide Basis. "Ruhige Lage, saubere Luft und die aus dem Boden sprudelnden Heilwässer sind unsere Trümpfe", betont er. "Dieser Badeort hat Zukunft." Investitionen von 50 Millionen Kronen (1,46 Mio. Euro) seien anvisiert

Aber auch die Umgebung hat viel zu bieten. Der praktisch vollständig erhaltene mittelalterliche Stadtkern von Bardejov zählt seit 2000 zum Unesco-Weltkulturerbe. In der St.-Egidius-Kirche steht ein Dutzend spätgotischer Holzaltäre aus dem 15. Jahrhundert.

Das Saris-Museum am gegenüberliegenden Ende des Hauptplatzes erinnert wiederum daran, welche Bedeutung in dieser Ecke Mitteleuropas die griechisch-katholische Kirche hatte. An den dort ausgestellten herrlichen Ikonen aus dem 15. bis 18. Jahrhundert lässt sich ablesen, wie sich die ursprüngliche byzantinische Motiv- und Farbenwelt langsam den Einflüssen der westlichen Sakralkunst öffnete. Die Modelle der ostslowakischen Holzkirchen (cerkvi) mit ihren Zwiebeltürmen geben eine Ahnung von der spirituellen Nähe der Ukraine und Russlands. Lohnend ist auch ein Ausflug zu der 60 Kilometer entfernten Burgruine von Lubovna (dt. Lublau). Die hoch gelegene Festung aus dem 14. Jahrhundert schützte einst die Handelswege nach Polen. (Gregor Mayer/Der Standard/Printausgabe/20.6.2007)