Das Denkmal in der Schule am Henriettenplatz wurde im Ständestaat errichtet. Nachdem ein Lehrer mit umstrittenen Mitteln gegen die Heldenwürdigung Sturm gelaufen war, wird nun eine Glasverkleidung mit Kommentar installiert.

Die Schulglocke läutet und rasch lösen sich die Grüppchen von Schülern auf und strömen vom Hof der Schule am Henriettenplatz im 15. Bezirk in ihre Klassen. Das Kriegerdenkmal in einem Winkel gleich neben dem Eingang ist so ziemlich das letzte, was sie beschäftigt. Ganz im Gegensatz zu Helmut Kraus. Für den Zeichenlehrer ist der in rotes Marmor gemeißelte Racheengel Michael schlicht eine "Verhöhnung". Mit Flügeln und Schwert ausgestattet, würdigt das Denkmal die „gefallenen Helden“ des Ersten Weltkriegs. Errichtet wurde das Denkmal Ende 1935, im austrofaschistischen Ständestaat.

Kraus, ein 56-jähriger Zeichenlehrer, wollte „ein Zeichen setzen“ – und löste ein Tauziehen um den Umgang mit der zweifelhaften Gedenkstätte aus. Weil er nicht abwarten wollte, bis sich Direktion und Landesschulinspektor mit seinen Vorschlägen zu einer kritischen Kommentierung des „Heldendenkmals“ auseinandersetzten, montierte er im Februar des letzten Jahres in Eigeninitiative selbst gebastelte Tafeln an der Wand neben dem steinernen Engel, auf denen „Stimmen gegen den Krieg“ in Form von Zitaten von Karl Kraus und Stefan Zweig zu lesen waren, „Pflichterfüllung und Verrohung“ im Krieg angeprangert und anhand von Zahlen und Bildern die Judenverfolgung thematisiert wurde.

Überrollt gefühlt

Der Lehrkörper habe sich von der „Einzelaktion“ überrollt gefühlt, berichtet der Direktor des BRG/BORG, Friedrich Weinhofer, der stets eine gemeinsame Lösung mit der ebenfalls hier ansässigen Abendschule angestrebt habe. Er wies den querköpfigen Lehrer umgehend an, die Tafeln zu entfernen. Was er erst nach der Androhung eines Disziplinarverfahrens tat – und seither für die Remontage seiner Tafeln kämpft. Für sein Projekt habe er mittlerweile zahlreiche Unterstützungserklärungen von prominenten Künstlern und Literaten gesammelt – um nicht „allein als Spinner dazustehen“.

Darüber, dass das Kriegerdenkmal kommentiert werden muss, bestehe kein Zweifel, versichert Weinhofer. Es gehe um die Form. „Die Tafeln sind in ästhetischer und pädagogischer Hinsicht furchtbar. Das sind Binsenweisheiten, die in jedem Lehrbuch stehen.“ Nach vielen Lehrerversammlungen und Verhandlungen wird dem Engel in den Sommerferien nun beigekommen: Mit einer Glasverkleidung mit der Aufschrift „denk-mal!“ und zwei Tafeln, auf denen der Kriegsopfer gedacht und zur Friedenserziehung ermahnt wird. Zudem werde es „Schülerprojekte zur Aufarbeitung“ geben, verspricht Weinhofer. (Karin Krichmayr/DER STANDARD-Printausgabe, 19.6.2007)