Es sind schon die 14. Schillertage in Mannheim. Das Nationaltheater gibt sich heuer (auch äußerlich) als Arena, in der die "Bestie Mensch" vorgeführt wird. Neun Tage zwischen Spektakel und exemplarischem Überblick. Neben aktuell inszeniertem Schiller stehen auch seine dramatisch-literarischen Spätfolgen im Zentrum: so Nicolas Stemanns hoch gelobte Version von Elfriede Jelineks Ulrike Maria Stuart, in dem sich die österreichische Nobelpreisträgerin, bis zu Schiller ausholend, mit dem deutschen RAF- Kapitel auseinandergesetzt hat. Oder die den gerade grassierenden Aufführungspurismus konterkarierende Wallenstein-Variante der Theatergruppe Rimini Protokoll. Oder die verspätete Uraufführung von Edouard Lalos 1868 geschriebener Oper Fiesque.
Der einst im Mannheim nicht gerade willkommen geheißene Autor Schiller als marketingtauglicher Klassiker und Anreger - das ist eine Melange, zu der natürlich auch eine Uraufführung passt. Die liefert der 40-jährige Münchner Lyriker und Erfolgsautor Albert Ostermaier mit seinem Auftragswerk Schwarze Minuten, frei nach der Novelle Verbrecher aus verlorener Ehre (1786) des ja stets von der Psychologie in den Kriminalstoffen faszinierten Schiller.
Es geht um die Geschichte eines jungen Mannes aus einfachen Verhältnissen, der auf die schiefe Bahn gerät, zum Ausgestoßenen und zum Mörder wird und der als Räuber unter dem Namen "Sonnenwirt" zu einiger lokaler Berühmtheit kommt.
Bei Schiller war der Versuch einer objektiven Sicht auf dass Kriminelle humanistische Ambition. In einer Zeit, da das zumindest der erklärte Standard sein sollte, hat es ein Autor von vornherein schwer. Ostermaier projiziert in schnellen Szenenschnitten und mit einer Sprache zwischen lakonischer Verdichtung und bei Schiller aufgeladenem Pathos die kriminelle Karriere des Loup Swan (Taner Sahintürk) in eine ungefähre Gegenwart. Er lässt ihn als Älteren (Reinhard Mahlberg) im Gefängnis mit sich und seinen Wärtern übers gescheiterte Leben reflektieren und zeigt damit zugleich die Hilflosigkeit von Strafe.
Florian Etti hat eine leere Fläche schräg über das Parkett gebaut. Nur ein Aufseher sitzt in einer verglasten Rangloge. Für die anderen reichen zwei Tische und ein paar Stühle. Szenische Andeutungen, die dem Wort Raum lassen.
Enge Bezugswelt
Angedeutet wird das Umfeld: die enge Welt der Mutter (Ragna Pitoll), die berechnende Freundin Jeanne (Hannah von Peinen), die zum mehr bietenden Konkurrenten Robert (Michael Fuchs) wechselt und dann doch im Warten auf den Eingesperrten untergeht.
Das Publikum schaut von der Bühne aus einem Figurenschach zu, mit dem Regisseur Burkhard C. Kosminski sein für Mannheim von über 40 auf 13 Akteure reduziertes Personal anderthalb Stunden lang bewegt. Doch bewegend oder wirklich berührend wird dieses Kreisen um desolate Seelenzustände nicht.