Vize-Armeechef Chachibaia.

Tiflis/Wien - Nichts zeigt wohl besser Russlands dramatischen Machtverlust im eigenen Hinterhof als ein Besuch im Verteidigungsministerium der Republik Georgien. Wladimer Chachibaia, der Vizestabschef, geht dort auf dem Weg in sein Büro mehrmals am Tag die Fotogalerie seiner Armee ab - alles Helden in neuen makellosen Kampfanzügen "made in USA", die Panzer durch die Ebenen des Kaukasus steuern, Geschütze richten und georgische Fahnen, groß wie Bettlaken, mit ihren vier roten Kreuzen schwenken.

"Ich bin 1989 zur Armee gegangen, zur Luftwaffe hier in Telavi, bei Tiflis. Ich kann mich an keine Nacht erinnern, wo wir uns nicht mit den Russen geprügelt hätten. Einmal standen wir uns in einem Stadion gegenüber, 20 Georgier, 200 Russen. Wir sind zusammengekracht wie in einer antiken Schlacht", erzählt Chachibaia stolz, "und wir haben sie geschlagen."

Seit der Rosen-Revolution Ende 2003, dem Volksaufstand nach manipulierten Wahlen, hat sich Georgien für sein Lager entschieden. Ganz ähnlich wie die baltischen Staaten, die eine Vielzahl von Beratern in die Behörden nach Tiflis entsandten, ist Georgien eine antirussische Bastion geworden.

Die Armee wird auf dem Übungsgelände Telavi von den Amerikanern trainiert, die neuen Handbücher sind Übersetzungen aus britischen, türkischen und US-Beständen, die Armeeführung ist nach Nato-Standard umgebaut. 85 Prozent der Reformen für den Status als Nato-Beitrittskandidat seien erfüllt, heißt es im Hauptquartier in Brüssel. Während andere ihre Truppen aus dem Irak abziehen, stockt Georgien sein Kontingent auf 2000 Soldaten auf. "Wir sind mit unseren Freunden, wenn sie uns brauchen. Das ist unsere Kultur", erklärt Chachibaia, der Vizestabschef, - "you see what I mean." Ein Bush-Mann aus Washington hätte es nicht schlichter gesagt.

Im Juli geht der 35-Jährige zum War College nach Pennsylvania, Chachibaia wurde für den höchsten Offizierslehrgang ausgewählt, den die US-Armee zu bieten hat. Acht Monate lang hatte der Georgier die Truppen seines Landes in Baquba im sunnitischen Dreieck bei Bagdad geführt. Die weichen, sandfarbenen Stiefel der US-Armee trägt er immer noch. "Ihr Georgier seid verrückt. Ihr seid die Einzigen, die sich darum reißen, in den Irak zu gehen", habe ihm ein amerikanischer Offizier einmal gesagt, erzählt Chachibaia.

Mit zwei Separatistenprovinzen im Land, die von Russland finanziell und militärisch gestützt werden, und einer Wirtschaftsblockade, die Moskau vor bald einem Jahr verhängte und nun vielleicht wieder lockert, sieht Georgien derzeit keine Zukunft mehr mit dem großen Nachbarn im Norden. Der Nato-Beitritt, so sagte Staatschef Michail Saakaschwili unverblümt an die Adresse der Allianzmitglieder, "sollte keine realpolitische Angelegenheit sein und nicht danach entschieden werden, wie gerade der (russische) Gaspreis steht".

Während Russland in Wien nun dieser Tage eine Reform des KSE-Abrüstungsvertrags erzwingen will, hat Georgiens Regierung ein neues Rekordbudget für die Armee vorgelegt: knapp eine Million Lari, umgerechnet 420.000 Euro. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 14.6.2007)