Darstellung einer Vaginalspülung ... auf der Homepage des Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch
Foto: www.muvs.at
Obwohl das Verhüten einer Schwangerschaft, also die Trennung von Sexualität und Fruchtbarkeit, seit Jahrtausenden ein wesentliches und oft ökonomisch bedingtes Anliegen der Menschen darstellt, war es bis etwa zum Jahr 1900 verboten.

"Mit Gefängniß bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark ... wird bestraft, wer ... Gegenstände, die zu unzüchtigem Gebrauche bestimmt sind, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder solche Gegenstände dem Publikum ankündigt oder anpreist", hieß es in Paragraf 184/3 des Deutschen Strafgesetzbuches, das von 1900 bis in die 1970er-Jahre hinein Gültigkeit besaß.

Leben des Kindes vor jenem der Frau

Aufgrund dieser Strafandrohung zeigten die meisten GynäkologInnen und GeburtshelferInnen wenig Interesse an der Vermittlung von Methoden zur Schwangerschaftsverhütung bzw. erwiesen sich fast ausnahmslos als GegnerInnen. Dabei wurde zwar die Notwendigkeit derselben in bestimmten Fällen anerkannt, jedoch betont, dass auch "in denjenigen Fällen, in denen zwar Schwangerschaft und Geburt die Mutter in beträchtliche Lebensgefahr bringen, die Möglichkeit der Geburt eines lebenden, gesunden Kindes aber vorhanden ist ... Ebenso wenig allgemein gültig als Grund ... ist die Befürchtung, dass Kinder lebensunfähig und krank zur Welt kommen, wenn die Mutter selbst durch Schwangerschaft und Geburt nicht wesentlich gefährdet erscheint" (Enzyklopädie der Geburtshülfe und Gynäkologie, 1900).

Befürworter der Verhütung

Eine Ausnahme bildete der Flensburger Frauenarzt Wilhelm Peter Mensinga (1836 - 1910), dessen These lautete: "Wo das Leben, die Wohlfahrt der Mutter, durch fernere Gravidität ... irgendwie gefährdet erscheint, ist es Pflicht des Menschenfreundes, Conception zu verbieten, facultative Sterilität eintreten zu lassen". Entgegem dem Spott seiner Kollegen entwickelte er das Okklusivpessar, den Vorläufer des Diaphragmas, als einigermaßen zuverlässiges Verhütungsmittel.

Erst achtzehn Jahre später erfolgte der nächste Vorstoß in Richtung brauchbare Verhütungsmethoden, welche der Gynäkologe Walter Pust wie folgt beschrieb: "Es muss sicher, billig und unschädlich sein, möglichst wenig gegen die Ästhetik verstoßen und möglichst nur vom Arzte anzuwenden sein".

Angesichts von Proletarisierung, Massenarmut und Wohnungsnot um die Jahrhundertwende formulierte Hugo Sellheim im Jahr 1911 als Erster das Recht der Frau, über den Zeitpunkt einer Schwangerschaft selbst zu entscheiden. Ab 1926 entwickelte sich die Sexualwissenschaft und Beratungsstellen wurden eingerichtet. 1929 publizierte Theodor Hendrik van der Velde die Schrift "Die Fruchtbarkeit in der Ehe und ihre wunschgemäße Beeinflussung", die sich zum Bestseller entwickelte. Obwohl von der katholischen Kirche auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt, erreichte das Buch bereits 1932 in Deutschland 42 Auflagen.

Tarnbegriffe und Methoden

Um das gesetzliche Verkaufsverbot zu umgehen, wurden für Verhütungsmittel Tarnbezeichnungen und verschleierte Werbung eingesetzt wie "Frauenschutz", "Frauenspülapparat", "Maßnahmen zum Gesundheitsschutz", "Vorrichtung zum Aufspreizen natürlicher Körperkanäle" und vieles mehr. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert bestanden bereits viele unterschiedliche Methoden zur Kontrazeption, von denen jedoch einige gesundheitsschädlich und die meisten unzuverlässig waren:

Coitus interruptus, Kondome aus Gummi, Fischblasen und dem Blinddarm von Wiederkäuern, Okklusivpessarien, Portiokappen, Vaginalzäpfchen aus Kakaobutter, Chinin und pulverisierte Säuren sowie Lysol bzw. Essig getränkte Schwämmchen. Daneben wurden Spülungen mit Wasser, Schwefelkupfer, Karbol-, Essig- oder Alaunlösungen über Mutterspritzen bzw. Frauenduschen, das Bidet, den Irrigator oder das Mutterrohr angewandt. Auch das Einspritzen chemischer Substanzenmittels Scheidenpulverbläser war weit verbreitet. Weitere und detailliertere Informationen finden Sie auf der Homepage des Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch. (Quelle: Newsletter des Museums/dabu)