Die Tänzerinnen in Keersmaekers Choreografie zu Bartók erinnern an die toughen Figuren in ihrem berühmten Stück „Rosas danst Rosas“.

Foto: Sorgeloos
Drei Werke, die Anne Teresa De Keersmaeker als "Schlüsselmomente in meiner Entwicklung als Choreografin" bezeichnet, bilden unter dem Titel Nacht einen Tanzabend, der nun in Koproduktion des Theaters an der Wien und ImPulsTanz im Haus an der Linken Wienzeile zu sehen ist. Da ist zuerst das charmante Frauenquartett zu Béla Bartóks Streichquartett Nr. 4, das bereits im Mai 1986 uraufgeführt wurde ( Bartók/Aantekeningen ) und ein Jahr später in ein anderes Stück, Mikrokosmos , übersiedelte.

1998 schien es nochmals in Duke Blue-beard’s Castle auf, der ersten Oper, bei der Keersmaeker Regie führte. Das Verschieben einzelner Motive bereitet der Choreografin sichtlich Vergnügen.

Auch der zweite Teil des Abends, ein großer Tanz zu Ludwig van Beethovens Großer Fuge, wechselte seinen Ort von Erts (1992) zu Kinok (1994), bevor er acht Jahre später in ein Repertoire-Programm der Keersmaeker-Company Rosas integriert wurde.

Auch der aktuelle gemischte Abend hieß erst schlicht Repertory Evening, bevor er durch die poetische Umarmung des Begriffs "Nacht" einen adäquateren Namen erhielt – über den dritten Teil, Keersmaekers Gruppenchoreografie von 1995 zu Arnold Schönbergs Verklärte Nacht.

Alle drei Stücke zeigen einerseits Keersmaekers starkes, aber unverkrampftes Verhältnis zur "ernsten" Musik und zum anderen eine wesentliche Linie ihrer Entwicklung während eines Jahrzehnts seit Mitte der 80er-Jahre.

Vertikale und Spirale

Keersmaeker: "Bei Bartóks Streichquartett dominiert ein vertikales Vokabular, in dem Schritte und Drehungen über die Arme ausgelöst werden. Die Tanzsprache in Große Fuge gründet hauptsächlich auf Sichfallenlassen und Aufstehen. Verklärte Nacht zeigt eine andere Architektur, in der ich erstmals Spiralmotive verwendet habe."

Die Live-Klänge des Abends, der vergangenen September in Luxemburg uraufgeführt wurde, besorgt das renommierte Londoner Duke Quartet, dessen leidenschaftliche Interpretationen international hoch geschätzt sind. (Helmut Ploebst, DER STANDARD/Printausgabe, 12.06.2007)