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AP/Jens Meyer
Man plant im Zeitalter des Web2.0 - der neuen Denkart über das Internet - psychologische Profile über Online-Spieler zu erstellen, also über Teilnehmer von World of Warcraft oder Second Life , sowie über Besitzer von internetfähigen Spielekonsolen. Diese Profile will Google an "interessierte Dritte" verkaufen.

Auch wenn Google zunächst "nur" an Werbekunden denkt, könnte diese Technologie bei Personalmanagern Begehrlichkeiten entstehen lassen und die Arbeitswelt der Zukunft revolutionieren.

Die Idee ist nämlich ausbaufähig, wie ein Blick in die Google-Geschäftsfelder zeigt: Google braucht nur Informationen aus den Spielen mit Benutzereingaben aus der Suchmaschine zu verknüpfen, das Ganze mit Daten aus dem Werbesystem Double Click (für 3,1 Mrd. Dollar gekauft) anzureichern, mit Videos aus YouTube (für 1,65 Mrd. Dollar gekauft) zu garnieren, einige Schlüsselworte aus Google- Mail hinzuzufügen, mit Fotos aus Panoramio (Übernahme gerade bekannt gegeben) abzurunden, alles schön auf Google Earth zu platzieren - fertig ist das Teilnehmer-Profil.

Bemerkenswert an dem, was man dann vielleicht einmal "GooglePsycho" nennen kann, sind nicht die reinen Datensammlungen, sondern die psychologischen Profile - unmittelbar nutzbar beispielsweise zur Bewerberselektion.

Gäbe es ein solches "GooglePsycho" schon, bräuchten sich Job-Suchende nicht mehr mit Unterlagen zu bewerben. Es reicht eine E-Mail mit dem Hinweis "Ich bewerbe mich". Alle Bewerberinformationen wären per Mausklick vom Unternehmen gegen Gebühr via "GooglePsycho" abrufbar.

Denkt man einen Schritt weiter, kommt man zum Slogan: "Bewerben Sie sich nicht - wir melden uns bei Ihnen!" Denn die IT-Systeme der Arbeitgeber werden wissen, wann Sie sich bewerben könnten/sollten und werden (nur) dann Kontakt aufnehmen.

Dies alles wird die Arbeitswelt verändern: Headhunter werden verstärkt im Internet jagen. Anbieter psychologischer Testverfahren werden vom Markt verschwinden: Denn warum soll ein Proband einen Test ausfüllen, wenn man sein reales Verhalten im Internet (egal ob in Spielen oder in der Suchmaschine) psychologisch bewerten kann? Und wer keine Spuren im Netz hat, gilt sowieso als suspekt.

Diese Vision ist bedrohlich, technisch aber weit gehend machbar. Trotzdem: Ganz so schlimm wird es vielleicht nicht werden. Denn unter Google finden wir keinen einzigen Treffer für das Wort "GooglePsycho". Oder sollte man sagen: Noch nicht? (Christian Scholz, Der Standard, Printausgabe 9./10.6.2007)