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Foto: Jochen Lübke/dpa
Die G8 beendeten am Freitag ihren Gipfel _an der Ostsee. Angela Merkel strich besonders die Klimaschutzeinigung und Afrika-Finanzhilfen als Erfolg heraus. Die Gegen-demonstranten feierten, dass es ihnen gelungen war, die Veranstaltung empfindlich zu stören.

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Heiligendamm - Drinnen war Angela Merkel schon lange von der Schluss-Pressekonferenz des G8-Gipfels aufgestanden. Draußen, in der 15 Grad kalten Ostsee, protestierte ein gutes Dutzend Nacktbade-Demonstranten, umschwirrt von Polizei-Helikoptern und der Küstenwache, weiter gegen den Gipfel. „Gegen G8! Gegen G8! Gegen G8!“ So blieben quasi alle Sieger in Heiligendamm.

Die deutsche Bundeskanzlerin und G8-Vorsitzende hatte zuvor noch einmal alle Mühe gegeben, den Sinn der Veranstaltung deutlich zu machen und einen „sehr erfolgreichen Gipfel darzustellen“: Die Klimaschutzeinigung sei ein Fortschritt, die UNO als Verhandlungsführerin installiert worden. Sie selber habe am Freitag den zum Gipfel geladenen Schwellenländern noch einmal klar gemacht, dass auch sie zu den Maßnahmen gegen die Erderwärmung beitragen müssten.

Feste Klimaschutzziele konnte sie aber auch mit den Schwellenländern nicht vereinbaren. US-Präsident George W. Bush war dem Treffen mit Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika überhaupt ferngeblieben. Er litt an einer Magenverstimmung und zog es vor in seiner Suite zu bleiben. Nach Polen konnte er am Freitag dennoch weiterfliegen. Für Afrika haben die G8 am Freitag ein 60-Milliarden-Dollar-Paket zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und von Tuberkulose beschlossen _(der Standard berichtete). Die Beschlüsse des G8-Gipfels von Gleneagles von 2005, die Entwicklungshilfe für Afrika bis 2010 von jährlich 25 Milliarden Dollar auf 50 Milliarden Dollar zu verdoppeln, wurden noch einmal bestätigt. Hilfsorganisationen kritisierten dies als völlig unzureichend: Insbesondere in dem Gesundheitspaket seien bereits viele Versprechungen eingerechnet, nur drei Milliarden Euro seien frisches Geld.

Sudan-Sanktionen

Dem Sudan drohten die G8 indes mit Sanktionen wegen der Geschehnisse in Darfur. „Wir sind fest entschlossen diese Krise zu lösen“, heißt es in der Schlusserklärung. Sollte die Regierung in Khartum die Krisenregion nicht befrieden, wollen die G8 Sanktionen im UN-Sicherheitsrat unterstützen.

Beim Kosovo dagegen will man sich bei den Vereinten Nationen zurückhalten. „Es gab keinen Fortschritt“, sagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Ende des Gipfeltreffens. Ein von ihm vorgelegter Kompromissvorschlag scheiterte am Widerstand Russlands, das Serbien in seinem Nein zu einer Souveränität des Gebiets unterstützt. Merkel forderte eine Grundsatzentscheidung. Solange sich kein Kompromiss abzeichne, sei ein Aufschub der Entscheidung des UN-Sicherheitsrats nicht sinnvoll. „Der Vorschlag, dass man ein bisschen mehr Zeit gibt, ist ja vom Prinzip her nicht schlecht“, sagte die G-8-Vorsitzende. „Man muss nur wissen, was man in dieser Zeit tut.“ Die Regierung in Nordkorea forderten die G8 zur sofortigen und vollständigen Einstellung ihres Atomprogramms auf. Nordkoreas erster Atomtest im Oktober 2006 sei eine „eindeutige Bedrohung des Weltfriedens“ gewesen, kritisierten die G8. Das Land sei daher aufgefordert, „auf weitere Atom- und Raketentests unbedingt zu verzichten“ sowie „sämtliche Kernwaffen abzuschaffen“ und damit den entsprechenden Sanktionen des UNO-Sicherheitsrats nachzukommen. Auch andere Programme zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen müsse Pjöngjang „vollständig, nachprüfbar und unwiderruflich“ aufgeben, hieß es weiter.

Doch noch Doha

Kanzlerin Merkel verwies auch noch einmal darauf, dass die Welthandelsgespräche der Doha-Runde in einer „entscheidenden Phase“ seien und endlich abgeschlossen werden müssten. Bisher waren diese Verhandlungen stets am Agrarprotektionismus der Industriestaaten gescheitert. Auch die Gipfelgegner indes zogen eine erfolgreiche Bilanz ihrer Kundgebungen in Heiligendamm. „Wir sind mehr als zufrieden. Wir haben es geschafft, den G8-Gipfel auf der Straße die ganze Zeit lahm zu legen“, sagte eine Sprecherin des Blocks G8. Mehr als 10.000 Menschen hätten klar gemacht, was sie von dem Demonstrationsverbot um den G8-Tagungsort hielten. Der Polizei warf sie vor, statt auf Deeskalation auf massive Gewalt gesetzt zu haben. Als die Staats- und Regierungschefs Freitagabend bereits aus Rostock abflogen, blockierten Demonstranten unentwegt das Pressezentrum. (Birgit Baumann, Christoph Prantner aus Heiligendamm, DER STANDARD, Printausgabe, 9.7.2007)