London - Zwischen der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) und der Internationalen Energieagentur (IEA) ist eine Debatte über die Auswirkungen des Biotreibstoff auf die Ölpreise entbrannt. Der Generalsekretär der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), Abdallah El Badri, hat diese Woche vor der Gefahr deutlich steigender Ölpreisen infolge der vermehrten Entwicklung von Biokraftstoffen gewarnt. Die IEA hält die Befürchtungen für "verfrüht".

Kürzungen

Die Bemühungen der Industrienationen zur Entwicklung von Biokraftstoffen als alternative Energiequelle könnten die Ölpreise erheblich ansteigen lassen, drohte der OPEC-Generalsekretär in der "Financial Times" (Mittwoch). Angesichts des vermehrten Einsatzes von Biokraftstoffen erwäge die OPEC, das rund 40 Prozent der weltweiten Erdölförderung kontrolliert, die Investitionen in neue Produktionsanlagen zu kürzen. "Wenn wir nicht auf eine sichere Nachfrage zählen können, werden wir unsere Investitionspläne vielleicht überdenken", sagte El-Badri.

Das Förderkartell, das 40 Prozent der globalen Ölnachfrage abdeckt, plant derzeit, bis 2012 rund 130 Mrd. Dollar (96,5 Mio. Euro) in die Erschließung neuer Vorkommen zu investieren. Den Irak nicht mitgerechnet soll die tägliche Förderkapazität von derzeit 35,7 auf 39,7 Mio. Barrel (entspricht 159 Litern) im Jahr 2010 ausgeweitet werden.

Biotreibstoffe, so der OPEC-Generalsekretär, seien auch mittelfristig noch kein Ersatz für Erdöl, da sie mit Lebensmitteln in Konkurrenz stünden. Schon jetzt seien die Biokraftstoffe dafür verantwortlich, dass die Lebensmittelpreise ihren größten Preissprung in 30 Jahren erleben würden. Diese Entwicklung sei "nicht aufrechtzuerhalten". Gleichzeitig warnte El-Badri davor, dass der von den USA und Europa forcierte Biotreibstoff-Ausbau "nach hinten losgehen" könnte, weil er dazu führe, dass es keine Zuwächse bei Erdölproduktion mehr geben werde und gleichzeitig nicht genug Ethanol vorhanden sein werde. Der Ölpreise könne dadurch womöglich "durch die Decke" schießen, warnte El-Badri.

IEA beruhigt

Die Befürchtungen der OPEC über die ölpreissteigernde Wirkung der Produktion von Biokraftstoffen sei verfrüht, erklärte darauf der Generalsekretär der Internationalen Energiebehörde IEA, Claude Mandil. Eine Verringerung der Investitionen in neue Ölanlagen infolge einer vermehrten Produktion von Biokraftstoffen sei nicht angebracht, sagte er der Nachrichtenagentur Thomson Financial News.

Die Befürchtungen der OPEC entbehrten jeder Grundlage, kommentierte Mandil die Äußerungen El Badris. Selbst wenn alle in der Planung befindlichen Biokraftstoff-Projekte umgesetzt würden, sei immer noch ein Anstieg der Ölproduktion notwendig. Dies gelte speziell für die Produktion der OPEC. Eine Kürzung der Investitionen in Ölförderanlagen sei daher überzogen, so Mandil.

Die OPEC-Mahnung fiel mit dem Beginn des G-8-Gipfels zusammen, auf dem die Klimastrategie ein wichtiges Thema war. Die unverhohlene Drohung richtete sich besonders an die Vereinigten Staaten. US-Präsident George W. Bush will den Benzinkonsum des größten Verbraucherlandes der Welt in den kommenden zehn Jahren um 20 Prozent senken und baut dabei auf Biokraftstoffe wie Ethanol. Die EU will den Anteil von Biotreibstoffen bis 2020 auf zehn Prozent steigern. Landwirtschafts- und Umweltminister Josef Pröll (VP) will in Österreich bereits 2010 einen Biospritanteil von 10 Prozent erreicht haben. (APA/dpa-AFX)