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Foto: Ralph Orlowski/Getty Images
Hamburg/Paris - Der Streit um die Umsetzung des Airbus- Sanierungsprogramms "Power8" hat sich wieder verschärft. Aus Protest gegen die unklare Zukunft ihrer Werke legten die Beschäftigen an den drei Airbus-Standorten Varel, Nordenham und Laupheim am Mittwoch die Arbeit nieder. Die deutschen Arbeitnehmer äußerten ihren Unmut über die ihrer Einschätzung nach unzureichende Informationspolitik und fehlende Beweglichkeit des Airbus-Konzerns.

Neue Struktur

Insgesamt sollen inzwischen 14 Unternehmen Interesse an den Werken angemeldet haben, die Airbus verkaufen oder künftig mit Partnern betreiben will. Die neue Organisation des Konzerns soll bis Ende September stehen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur dpa aus Unternehmenskreisen. Zuvor will die EADS-Tochter die Partner für die sechs Werke benennen. Unter den 14 Firmen sind dem Vernehmen nach auch deutsche Unternehmen wie Diehl, DAG und Kaefer.

Airbus hatte am Mittwoch den französischen Betriebsrat über die Reorganisation im Zuge des Sanierungsplanes "Power8" informiert.

Im baden-württembergischen Laupheim, wo am morgigen Donnerstag Feiertag ist, sind die Arbeiter nach Auskunft der IG Metall Küste bereits in das Wochenende gegangen und wollen am Freitag nicht arbeiten. In Varel und Nordenham verließen die Beschäftigten am Mittwoch nach Betriebsversammlungen ihren Arbeitsplatz. Die folgenden Spät- und Nachtschichten wollten ihren Dienst nicht antreten. Airbus will die drei Werke mit insgesamt 4.700 Beschäftigten ganz oder teilweise verkaufen.

Am Dienstag hatte sich Airbus-Chef Louis Gallois zu Planungen und Zielen des Programms "Power8" geäußert und dabei Unzufriedenheit bei der Arbeitnehmerseite hervorgerufen. Es sei weiterhin nicht erkennbar, dass die Ausgliederung von Standorten notwendig sei, sagte Horst Niehus vom europäischen Airbus-Betriebsrat. Die IG Metall lehnt bislang den Einstieg in nationale Verhandlungen über die Umsetzung von "Power8" ab, weil die operative Planung für die Jahre 2007 bis 2010 noch nicht vorliege. Der Aufsichtsrat der deutschen Airbus- Organisation soll sich Ende Juni wieder treffen.

Viele Fragen, wenige Antworten

Die Gewerkschaften kritisierten, für die Belegschaften seien keine klaren Zukunftsperspektiven erkennbar. Auch beim Abbau von "Personal in Gemeinkostenbereichen" (Verwaltung) gebe es keine nachvollziehbaren Antworten, auf welche Leistungen künftig verzichtet werde solle. Die Fragen der Arbeitnehmer seien vom Airbus-Management bislang nur unzureichend beantwortet worden.

Airbus will die deutschen Werke Laupheim und Varel sowie das französische Werk Saint-Nazaire Ville ganz abgeben. Interesse an Laupheim haben der Pariser Zeitung "Figaro" zufolge die französischen Flugtechnikkonzerne Zodiac und Recaro sowie die deutsche EDAG. Für Varel interessierten sich demnach die frühere Boeing-Tochter Spirit, die Augsburger MT Aerospace, die niederländische Stork und Class Voight. Für Saint-Nazaire sind die französischen Zulieferer Latecoere und Segula sowie Stork und die britische GKN im Rennen. Die betroffenen Unternehmen wollten sich am Mittwoch nicht äußern.

Partner sucht Airbus für die Werke Nordenham sowie Méaulte (Frankreich) und Filton (Großbritannien). Für alle drei Werke hat Spirit geboten. Der US-Konzern ist seit der Übernahme der Rumpffertigung von BAE Systems bereits großer Airbus-Zulieferer. An Nordenham sind auch MT Aerospace und Stork interessiert. Für Filton bieten auch GKN, Stork und Saab. Airbus soll künftig in vier transnationale Kompetenzzentren statt in acht Zentren in nationaler Zuständigkeit gegliedert werden.

Massive Kostensenkungen

Airbus will mit dem Programm "Power8" ab 2010 die Kosten nachhaltig um 2,1 Milliarden Euro pro Jahr senken. Zudem will der Flugzeugbauer künftig auf teure doppelte Produktionsstrukturen in Hamburg und Toulouse verzichten. Dies soll unter anderem die zwölf Milliarden Euro teure Entwicklung des Langstreckenflugzeugs A350 XWB ermöglichen. Die Konzeption des A350 soll Ende 2008 detailliert stehen. Die Endmontage soll im zweiten Halbjahr 2011 beginnen, so dass die erste Maschine Mitte 2013 an Qatar Airways gehen kann.

Qatar Airways hatte in der vergangenen Woche 80 A350 XWB bestellt. Der Auftrag hat nach Listenpreis einen Wert von 16 Milliarden US- Dollar. Am Mittwoch orderte die irische Fluggesellschaft Aer Lingus je sechs Maschinen der Typen A350 und A330. Aer Lingus habe sich zudem eine Option auf sechs weitere A350 gesichert, die bis 2018 geliefert werden könnten, teilte das Unternehmen mit. Konzernchef Louis Gallois hält die Zahl von 200 Festaufträgen für das neue Modell bis Ende des Jahres für "sehr realistisch". (APA/dpa)